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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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falls Schauspieler ist, sowie den drei Töchtern Mitzi, Mausi und Putzi gezeigt. Resi, die Schwester von Istvan und Schorsch, wird wie ein Dienstmädchen behandelt. Sie serviert die Speisen und wird wiederholt mit Tritten und Zurecht- weisungen für ihr Benehmen getadelt. Käthe wird von den beiden Männern immer wieder dazu ermahnt, Hochdeutsch zu sprechen.37 Eine ihr in Aussicht gestellte Filmrolle eines deutschen Mädchens in Polen ist wiederholt Gesprächs- gegenstand der Tischrunde. Käthe, Schorsch und Istvan witzeln darüber, dass die zur Dienstbotin degradierte Resi »an wengerl zurickgeblieben« sei, be- tonen aber selbstgefällig sie vor dem »Eithanasieprogramm« zu beschützen38. Auf den ersten Teil folgt ein »Allegorisches Zwischenspiel«, in das Jelinek mit einer Reminiszenz an Ferdinand Raimund (»Raimund, schau oba«39) ein- führt. In einem Märchenkahn wird der in weißes Verbandszeug eingewickelte Alpenkönig von der Decke auf die Bühne herabgelassen. Istvan glaubt zwar, in dem seltsamen Besucher einen Schauspielkollegen wiederzuerkennen, gerade freundlich wird dieser aber dennoch nicht begrüßt. Der Alpenkönig bittet um Spenden für den örtlichen Widerstand, woraufhin Käthe, Istvan und Schorsch ihn als »Vaterlandsverräter«40 beschimpfen und zu Tode prügeln. Bevor Schorsch das letzte Mal zuschlägt, steckt er dem Sterbenden aber noch schnell zehntausend Taler zu : »Werma sehn, für wos guat ist.«41 Auf das blutig endende Zwischenspiel folgt der zweite Teil. Dieser spielt 1945. Käthe und Istvan haben Angst vor den zu erwartenden Repressalien durch die russischen Besatzer. Käthe scheint, aus Angst nicht mehr am Burg- theater spielen zu dürfen, den Verstand zu verlieren. Schorsch ist zunächst nicht anwesend. Ein von Resi während des Kriegs versteckt gehaltener und zu ihrer Befriedigung missbrauchter Burg theaterzwerg, ein kleinwüchsiger, ehemaliger Theaterkollege der drei Protagonisten, wird von Istvan entdeckt und soll von der Familie kurzerhand zum lebendigen Beweis des angeblichen Widerstands gegen das Regime umfunktioniert werden. Mit allen Mitteln soll der Zwerg, der sich alsbald lieber aus dem Staub machen möchte, zum Bleiben bewegt werden, sogar die Entjungferung der ältesten Tochter, Mitzi, wird ihm als Gegenleistung für die Entlastung vor den zu erwartenden Siegermächten angeboten. Als Schorsch, der mithilfe eines Tricks noch schnell für seine Inhaftierung als angeblicher Widerstandskämpfer gesorgt hat, nach drei Wochen wie ein 37 Vgl. BT, S.  140. 38 BT, S.  142  f. 39 BT, S.  143. 40 BT, S.  146. 41 BT, S.  149. 114 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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