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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Der Burg theaterzwerg, den die von der Familie als minderbemittelt be- schimpfte Resi versteckt gehalten hat, um ihn vor der Deportation zu bewahren, kommt Istvan nur gelegen, um ihn den Russen als vermeintlichen Schutzbe- fohlenen präsentieren zu können und damit den »Polenfüm« (»Heimkehr«), in dem neben Paula Wessely auch Attila Hörbiger in der männlichen Hauptrolle als Ludwig Launhardt engagiert war (ein Hinweis auf außertextuelle Zu- sammenhänge), zu kompensieren. Istvan versucht Resi davon zu überzeugen, den Zwerg zu diesem Zwecke zu missbrauchen : Istvan : Hörst, Resi, du werdest auf Anfrage bezaigen, daß der Zwerch von uns per- senlich vor der Eithanasie vasteckt wurde. … Dieser Zwerg muß schlußendlich unseren unieberlegten Polenfüm wettmochen.139 Resi lehnt die Instrumentalisierung des Zwergs jedoch mit Bestimmtheit ab. Istvan verschwindet daraufhin für einige Zeit von der Bühne und kehrt zu bereits fortgeschrittener Stelle der Handlung mit dem Vorschlag zurück, sie alle sollten sich (als Strategie gegenüber dem Feind) als »ein einig Vulk von Gegna«140 formieren, ein Einfall, den die Familie mit Begeisterung aufnimmt. Auch der nationale Konsens in Österreich lautete nach Kriegsende, dass kein Österreicher den Nationalsozialismus oder den Krieg gewollt und die Bevölke- rung nur unter dem Zwang des übermächtigen Deutschen Reichs teilgenom- men hätte (»… brutaler Terror und Gewalt zwangen die Menschen zu blindem Untertanentum«141). Die Begeisterungsstürme auf Istvans Vorschlag hin enden schließlich damit, dass alle zusammen ein Wienerlied singen (»Erst wanns aus wird sein mit ana Musi und an Wein«… etc.142), was wiederum den slapstick- oder kasperlhaften Rezeptionseindruck verstärkt : Auf Istvans Initiative hin wird die Situation ins Lächerliche gezogen, was der in »Burg theater« vorrangig angewandten »Me- thode der Ironisierung und Kontrastierung«143 entspricht. Erst kurz vor Schluss, als sich die Situation für die Familie zuspitzt, scheint Istvan seine Strategie des Wegschauens als fehlerhaft zu erkennen. Er lässt den Burg theaterzwerg, den er mit Handschellen angekettet hat, frei und stellt resignativ fest : 139 BT, S.  172  f. 140 BT, S.  183. 141 Leopold Figl, zitiert nach : Uhl, Das »erste Opfer«, S.  20. Vgl. Kapitel  1.4.4 dieser Studie. 142 BT, S.  183. 143 Hochholdinger-Reiterer, Amok, S.  49. 131 »Burg theater«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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