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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 163 -
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genden des Deutschen Reichs und wirkte an der einzigen »individuell zurechen- baren«309 antisemitischen Sequenz mit, in der Marie Thomas den jüdischen Krämer Salomonsson mit den Worten zurückweist : »Nee, Salomonsson, Sie wissen ja, wir kaufen nicht bei Juden.«310 Jelinek quittierte diese Filmszene mit unverhohlener Kritik an der Hauptdarstellerin : »… wenn sie in ›Heimkehr‹ sagt, ›Wir kaufen nichts bei Juden‹, hätte sie als erwachsener Mensch wissen müssen, was sie da sagt.«311 Auch wenn der Wessely/Hörbiger-Biograf Markus Wert auf den Hinweis legt, dass Wessely in einem vertraulichen Gespräch mit André Heller 1976 echte Reue für ihre Mitwirkung an dem Film gezeigt habe (»Es war das Schrecklichste, das ich in meinem Leben getan habe, ich geniere mich in Grund und Boden dafür und bereue nichts mehr als das… Der Film Heimkehr war etwas Schreckliches, und es war eine uferlos opportunistische Tat, darin aufzutreten«312), und auch wenn wohlwollend davon ausgegangen wird, dass Wessely dieses Bedauern im vertraulichen Gespräch tatsächlich äußerte, muss ihr doch angekreidet werden, dass sie in der Öffentlichkeit niemals auch nur annähernd so deutliche Worte fand. Um die Tragweite von Wesselys Engagement in »Heimkehr« deutlich zu ma- chen, sei hier die Handlung des Films in aller Kürze zusammengefasst : Die- ser nimmt seinen Ausgang in den Monaten vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 und zeigt die Angehörigen einer »volksdeutschen Minderheit« in Polen (gemeint sind die »Wolhynien-Deutschen«), die mit jüdischer Unter- stützung von »bestialischen polnischen ›Untermenschen‹«313 misshandelt und beinahe ausgerottet wird. Wessely ist in der Rolle der »volksdeutschen« Leh- rerin Marie Thomas zu sehen, die sich gegen die vermeintliche Willkür der Polen zur Wehr setzt, der schließlich ihr Mann zum Opfer fällt. Die Deutschen im Dorf werden verhaftet und sollen erschossen werden. Das Heranrücken der Wehrmacht verhindert dies jedoch : Hitler wird als Retter der Deutschen ge- priesen, der Angriff auf Polen zur Hilfsaktion für die dort lebenden Deutschen verfälscht. Im Finale des Films wird der deutschen Minderheit schließlich in einem großen Treck die »Heimkehr« ins Reich ermöglicht.314 309 Ebd., S.  264. 310 Wessely als Marie Thomas, zitiert nach : Ebd. 311 Jelinek über Paula Wessely, zitiert nach : http://www.elfriedejelinek.com (Link : »Paula Wes- sely) (Zugriff am 20.11.2007). 312 Heller zitiert Wessely, zitiert nach : Markus, Die Hörbigers, S.  317. 313 Markus, Die Hörbigers, S.  153. Das Zitat von den »bestialischen Untermenschen« dürfte aber ursprünglich von Löffler stammen, siehe Löffler, Was habe ich gewußt, S.  91. 314 Vgl. http://www.film.at/heimkehr (Zugriff am 25.4.2011). Vgl. außerdem Markus, Die Hör- bigers, S.  153. 163 »Burg theater«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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