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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 196 -
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bleierne Oberfläche über die steirische Landschaft legt und alles Leben unter sich erstickt. Womöglich hat Jelinek mit »Die Kinder der Toten« tatsächlich Freuds Auf- satz über das »Unheimliche« in »Splatter«-Manier literarisch umgesetzt.509 Bei Jelinek ist dieses Motiv allerdings als (sehr zielorientiertes) Mittel zum Zweck zu begreifen  – die implizite, aber deswegen nicht weniger eindringliche, weil unheimliche Kritik an einem verdrängten Kapitel österreichischer Geschichte : der Beteiligung an den Verbrechen des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkriegs. 3.2.3.2 Die immerwährende Schuld : Leberts »Wolfshaut« »Die Toten haben Hunger. Man sollt’ sie halt füttern.«510 1960 erschien Hans Leberts Debütroman »Die Wolfshaut«. Der Autor, Neffe und Firmsohn von Alban Berg511, war damals 41  Jahre alt. Über viele Jahre hinweg hatte er an dem Roman gearbeitet. Wie Elfriede Jelinek kam auch Hans Lebert ursprünglich aus der Musik : Als junger Mann hatte er sich sein Geld als Operntenor verdient, wobei er Wagner-Opern preferierte. Es war demnach kein Zufall, dass er seinem Roman ein Zitat aus der Wagner-Oper »Walküre« vorangestellt hatte : »Doch ward ich vom Vater/ versprengt ;/ seine Spur verlor ich,/ je länger ich forschte./ Eines Wolfes Fell nur/ traf ich im Forst ;/ leer/ lag das vor mir :/ Den Vater/ fand ich nicht.«512 Während der NS-Zeit hatte sich Lebert seiner Einberufung in die Wehr- macht widersetzt und war deshalb 1941 wegen »Zersetzung der Wehrkraft« angeklagt worden. Durch die Vortäuschung einer paranoid-schizophrenen Stö- rung konnte er sich nach fast sechs Monaten Untersuchungshaft seiner Verur- teilung entziehen und lebte bis Kriegsende zurückgezogen in den steirischen Bergen.513 509 Vgl. Mayer/Koberg, Ein Porträt, S.  204. 510 Lebert, Die Wolfshaut, S.  51. 511 Lebert legte Wert auf die Feststellung, dass die Schwester seiner Mutter mit Berg verheiratet war und deshalb keine direkte Blutsverwandtschaft zu dem berühmten österreichischen Kom- ponisten bestand. Er habe den Firmonkel, der ihm statt der obligatorischen Uhr sinnigerweise eine Schreibmaschine geschenkt habe, aber schon gern gehabt. Vgl. Dobrick, »Bei dem zwei- ten habe ich nicht mehr gelacht«, S.  10 und 14. 512 Lebert, Die Wolfshaut, S.  5. 513 Vgl. Gauß, Der Österreich-Liebhaber, unpaginiert. Vgl. dazu auch Leberts eigene Schilderun- gen : Dobrick, »Bei dem zweiten habe ich nicht mehr gelacht«, S.  15  fff. 196 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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