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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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»Das Leben ist eine der vielen Naturkletterschulen, in der unser Schöpfer möglichst viele von uns möglichst rasch loswerden kann. Wir werden von ihm ja nicht als Obst geboren, daß man uns endlos auspressen oder als Seele in Knödel stopfen kann.«546 »Sie (wer ?) sollen sie wieder auf der Erde wohnen lassen.«547 »Es liegt eine fremde Hand über allem, die Hand eines Mittlers, der seine Gebühren fordern wird, denn die verschwundenen Mieter haben nicht verdient, was sie bekom- men haben, und so muß einer für sie zahlen.«548 Demnach sucht diese (unheimliche, zornige) Gottesinstanz Rache für die Milli- onen Ermordeten des Holocaust und bekommt sie letzten Endes auch : Sowohl bei Lebert als auch bei Jelinek kehren die Toten zurück, bei Jelinek in Massen, und »verschaffen der Erde ein unheimliches Strafgericht«549. Auch das Schweigen über die Toten des Nationalsozialismus, nach Jelinek Teil der österreichischen »Staatsdoktrin«550, ist eine auffällige Parallele der bei- den Romane : Bei Lebert ist es explizit im Namen des Dorfes formuliert, bei Jelinek fällt es als rekurrentes Textelement auf, das den Roman von Anfang bis Ende in unterschiedlichen Zusammenhängen begleitet.551 Darüber hinaus ist auch die Pointe von Jelineks Roman, die Verschüttung der »Pension Alpenrose« durch die Mure, möglicherweise eine Entlehnung aus Leberts »Wolfshaut«, worauf Pontzen in ihrem Aufsatz hinweist552 und wie aus folgender Textpassage rückgeschlossen werden könnte : »Aus weit aufgerissenen Augen sah er [die Figur »Habicht«, ein Gendarm] zurück und erblickte hinter sich die Mure, einen Fladen, der bereits drei Meter hoch, noch immer wie ein wüster Brotteig aufging und die Knorren vergessener Bäume emporbrodeln ließ  …«553 In »Die Kinder der Toten« ist die Bedrohung durch die Mure jedoch eindring- licher, da sich das Regenwasser nicht nur mit brauner Erde, sondern auch mit diversen Leichenteilen vermischt, die am Schluss des Romans die »Pension Al- 546 KDT, S.  25. 547 KDT, S.  54. 548 KDT, S.  164. 549 Kastberger, Endspiele. Kastberger bezieht in seinen Vergleich auch Ödön von Horváth mit ein (vor allem dessen Stück »Der jüngste Tag«). 550 Jelinek, Die Österreicher als Herren der Toten, S.  61. 551 Textbeispiele dazu in Kapitel  3.2.5 dieser Studie. 552 Vgl. Pontzen, Pietätlose Rezeption, S.  62. 553 Lebert, Wolfshaut, S.  466. 201 »Die Kinder der Toten«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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