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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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den 1991 verunglückten Rudi Nierlich darstellt  – auch dieser war mit seinem Auto gegen eine Hausmauer geprallt wie Jelineks Figur Edgar : »Dieser junge Mann hat ja so lange Zeit ohne Liebe, aber für Österreichs Alpinkader, gelebt, als man ihn in einem schnellen Fahrzeug die Hausmauer hochjagte, bis, ja bis zum Fenster im Erdgeschoß…«666 Edgar rast in einem »Wiederholungszwang«667 unentwegt die Abhänge der Alpen hinab. Von Idylle kann hier aber keine Rede sein : Unheimliche Gestalten erscheinen wie aus dem Nichts und greifen nach Edgar, glotzen ihn an, untote Wanderer öffnen ihre Rucksäcke  – um ihn darin verschwinden zu lassen ? (»Sind sie zurückgekommen, um ihn zu holen ?«668) Die Untoten, die Edgar vielleicht als »Landemarke« für ihre »Totengleichenfeste«669 gebrauchen möchten, werden immer mehr, sind plötzlich überall, wollen Edgar zu sich holen. Zahllose Hin- weise, machen deutlich, welche Toten gemeint sind : »In der Luft formieren sich immer mehr Leute, Edgar streift sie fast beim Dahinrasen. Aus den Fenstern im Boden schauen scheue Wesen zu ihm herauf, die schon vor Jahren ihren (in der Öffentlichkeit wenig bemerkten) Abgang genommen haben. … Doch da sind Gesichter, die unter Edgars Fußbreite aufwachen, immer mehr Gesichter, die aus dem Gras hervorwachsen wie modrige Pilze, die sich aufgeblasen haben, schon fährt Edgar über ihre Engelssamen. … Ein Ast der Vergangenheit, die auch anders hätte laufen können, peitscht hervor … Endlos ist die Masse der Menschen, die den Boden verlassen wollen. Und alle sehen sie äußerst gequält aus.«670 Aufgrund der Ausdrucksweise in diesen und ähnlichen Passagen wird unmiss- verständlich klargemacht, dass die gequälten Gestalten die Shoah-Toten sind, die als »Ast der Vergangenheit« hervorpeitschen und nach dem unglücklichen Alpinsportler greifen. Der alpine Skisport ist typisch für Österreich. Hierzulande lernen Kinder fast ebenso selbstverständlich Ski fahren wie Lesen oder Schreiben. Die Helden des Skisports sind die beliebtesten Werbeträger, weil sie im internationalen Ver- gleich überproportional erfolgreich sind. Edgar ist demnach nicht zufällig ge- wesener Alpinskisportler. Der Missbrauch des Sports für ideologische Zwecke 666 KDT, S.  190. 667 KDT, S.  189. 668 KDT, S.  189. 669 KDT, S.  192. 670 KDT, S.  197  f. 219 »Die Kinder der Toten«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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