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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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3.2.5.3 Der schöne Schein in TV und Werbung »… wie sagt der Dichter ? Du schaust nicht ins Fernsehen, das Fernsehen schaut auf dich !«690 Als Vermittler des »unverwechselbaren Tons der Unschuld«691, der nicht nur die triviale Unterhaltungsmusik, sondern auch die nationale Erinnerungskultur be- stimmt, sind die österreichischen Massenmedien, allen voran der mächtige ORF, aber auch große Tageszeitungen, namentlich »Kronen Zeitung« und »Kurier«, in »Die Kinder der Toten« schnell ausgemacht : »Und das Heilige erwacht in uns und wird uns vom ORF sowie tausenden Kilometern Glasfaserkabeln vermittelt.«692 Die Massenmedien verbreiten ideologisch aufgeladene Trivialmythen und nut- zen ihre Breitenwirkung darüber hinaus für die gewinnbringende Vermarktung von Werbezeiten aus. Der Werbung in TV und Radio, die uns Verbrauchern suggeriert, was uns gesund, schön, reich und glücklich macht, wird in »Die Kin- der der Toten« auf vielfältige Weise Rechnung getragen : So taucht in unvermu- teten Nebensätzen immer wieder ein Schokoriegel namens »lila Pause«693 auf oder wird das (domestizierte) Tier in Karin mit »Chappi und Pappi«694 ge- füttert. Ähnliche Seitenhiebe finden sich auch auf die »Kinder-Milchschnitte« oder den Schokoriegel mit dem Namen eines Gottes, »Mars«, der kurzerhand zu »Gott Mars« umfunktioniert wird  – ein kleiner aber deutlicher Hinweis auf die Götter, die wir fälschlicherweise anbeten.695 Und wenn die Gastwirtin der Pension Alpenrose nach dem Himmel sieht, den sie »am liebsten bei sechzig Grad vorwaschen würde, damit er sauber, nicht nur rein wäre«696, dann ist dies nicht nur als Anspielung auf den Werbespot einer bekannten Waschmittel-Marke zu verstehen, sondern zugleich auch als weiterer Verweis auf die unliebsame Vergangenheit, die man in Österreich am liebsten »wegwaschen« würde, denn in »Die Kinder der Toten« ist der Himmel voll von Geistern der Holocaust-Toten. Mithilfe der Vorgaukelung einer heilen Welt (zum Beispiel in Werbespots) wird die kritische Auseinandersetzung mit nationalen Mythen jedoch unterbunden. 690 KDT, S.  411. 691 KDT, S.  23. 692 KDT, S.  22. Zu »Kurier« und »Kronen Zeitung« vgl. KDT, S.  41, S.  428. 693 KDT, S.  125 oder S.  190. 694 KDT, S.  77. 695 Vgl. KDT, S.  191. 696 KDT, S.  54. 224 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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