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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Auch in den folgenden Textbeispielen wird die immer eindringlichere Prä- senz der nach Rache trachtenden Untoten deutlich : »Sind die Löcher im Boden überhaupt tief genug ? Die Toten sind doch, um ihrer selbst willen, zerkleinert worden. Werden sie ihre Körper wiederfinden aus der Asche ?«755 »Fremdeste Kulturen erscheinen in einem Kastel und werden, körperlos wie Licht, he- rumgetragen, müssen sich vorzeigen, wie eine neue Darreichungsform der hl. Eucha- ristie, und werden trotzdem nicht erkannt, wenn sie unter uns erscheinen. Diese Körper schweigen, wenn auf sie getreten wird, und nichts mehr bringt sie zum Unaussprechli- chen des Lebens zurück…«756 »Nur keine überflüssigen Flüssigkeiten ! Also überall klebt und ist vollkommen ange- trocknet diese Menschenscheiße, dieses Produkt des Todes, ähnlich dem Geld oder dem Wort, die auch zur Gesamtschule des Todes integrativ dazugehören.«757 »… unter der Erde hat sich etwas empört…«758 »Die wesentlichen Wesenheiten können heute nicht vollständig sich uns anschließen, sie sind im Gegenwärtigen gefangen und können nicht das Gewesene werden, aber auch nicht Gegenwart. Dafür wollen sie uns die Heimat unheimisch machen. Sie wol- len, beim Nachspiel, ein Ergebnis ertrotzen in diesem zur Zeit noch unentschiedenen Spiel, bei dem wir mit ihren Knochen und Schädeln müßig herumgekickt haben, um uns keck ihre Teppiche und Halsketterln, ihre Goldzähne, Bilder und Briefmarken- sammlungen zu grapschen.«759 Wo der Supergau der Unmenschlichkeit stattgefunden hat, daran lässt Jelinek in ihrem Roman keinen Zweifel : nicht nur, weil sie in den betreffenden Textpassa- gen die grammatikalische Entscheidung für Nominativ Plural getroffen hat (vgl. etwa das Textbeispiel oben : »wir« haben mit den Knochen und Schädeln der Opfer herumgekickt und haben »uns« ihre Teppiche und Goldzähne gegrapscht usw.).760 Immer wieder werden Österreich und Deutschland ausdrücklich als Kriegstreiber sowie als Hauptschuldige für den Holocaust genannt : 755 KDT, S.  18. 756 KDT, S.  23. 757 KDT, S.  68. 758 KDT, S.  60. 759 KDT, S.  93. 760 Die Verwendung des Nom. Pl. ist aufgrund der häufigen Perspektivenwechsel der Erzählins- tanz nicht durchgängig, in aussagekräftigen Textpassagen, aber häufig und auffällig. 234 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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