Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 259 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 259 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Bild der Seite - 259 -

Bild der Seite - 259 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Text der Seite - 259 -

Ob homo- oder heterosexuell : Haiders Führungsposition innerhalb der Par- tei war nahezu unumstritten. Die Wahlerfolge der FPÖ gaben seinem politi- schen Stil, der auf Rechtspopulismus und dem Eindruck einer Ein-Mann-Partei gründete, scheinbar Recht. Als gottesähnliche Figur tritt er in Jelineks Theater- text auf, als »›Gott‹ (Apoll ?) Haider«912. Und so schilderte Haider in bereits erwähntem News-Artikel, den er anlässlich seines Rücktritts als Parteiobmann im Jahr 2000 veröffentlichen ließ, eine gebrochene Partei, die nur unter größtem Protest und mit starker Wehmut ihren langjährigen Frontmann ziehen lässt : Bei Bekanntgabe seiner Entscheidung hätten viele seiner Mitstreiter geweint.913 Von diversen Schocks ob der Rücktritts-Entscheidung wird (im Originaltext, aber auch in Jelineks Monolog) berichtet : Neben dem verzweifelten FPÖ-Ge- neralsekretär Peter Westenthaler habe auch Klubobmann Herbert Scheibner versucht, mit Mimik und Körpersprache Protest zu artikulieren914 (»Scheibner, Knabe, du auch, mein Herbert, zeigst es mir an, daß du Protest erhebst gegen meinen Entschluß ?«915). Jelineks Haider-Figur legt eine eitle Selbstverliebtheit an den Tag, die ihres- gleichen sucht (»Es ist nichts. Nur ich bin.«916). Haider-Biografin Zöchling zeigt sich davon überzeugt, dass auch das reale Vorbild für Jelineks Sprecher vor »Selbstliebe«917 nur so gestrotzt habe.918 Das »Ich« ist von Beginn an ein starkes Element, steigert sich jedoch zum Schluss hin, indem die Autorin auffällige syntaktische Verschiebungen vor- nimmt, die das »Ich« noch mehr hervorheben, indem sie es an das betonte Ende der Sätze stellt, worauf jeweils ein die Aufmerksamkeit sammelnder Doppel- punkt hinweist919  – einem literarischen »Crescendo« gleich : 912 Lücke, Gespenster, S.  97. 913 Anmerkung : In Haiders Originaltext ist zu lesen : »Viel entschlossener als eigentlich gedacht sagte ich meinen Freunden und Funktionären …, dass ich zurücktrete und der Entschluss unwiderruflich ist. Das war gut so. Denn hätte ich dabei in die Runde geblickt und die Tränen in den Augen vieler meiner langjährigen Mitstreiter gesehen, wer weiß, ob ich nicht schwach geworden wäre. So aber suchte ich weder Blickkontakt zu meinen Freunden, noch ließ ich Raum für eine Diskussion…«  – Wie es ihm möglich war, die Tränen in den Augen seiner Kol- legen zu sehen, obwohl er nicht in die Runde geblickt und auch keinen Blickkontakt gesucht hat, klärt Haider nicht auf. Vgl. News, Nr.  10, 2000, S.  30. 914 Vgl. News, Nr.  10, 2000, S.  30. 915 LW, S.  21. 916 LW, S.  20. 917 Zöchling, Haider, S.  17. 918 Vgl. Zöchling, Haider, S.  17. 919 Vgl. Lücke, Gespenster, S.  118. 259 »Das Lebewohl«  |
zurück zum  Buch Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung"
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek