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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 268 -
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»Wir haben uns entschuldigt, mehr als entschuldigt, und viel mehr können wir nicht tun. Jetzt in die Zukunft schauen.«972 »… Schuld  – ebenfalls : genug !«973 In diesem Zusammenhang werden auch persönliche Angriffe (etwa gegen Hai- ders Familie) in »Das Lebewohl« aufgegriffen  – doch das Gegenteil von Mitleid wird hier bekundet, denn die Art und Weise der Formulierung (Übertreibung, Schwarz-Weiß-Malerei, Ausdrücken von Selbstmitleid) impliziert Distanzie- rung : »Ich mußte miterleben, wie meine Familie, die Schönen, die Guten, Gescheiten, die vor Blondheit Strotzenden, von brutal Gewalttätigen in Mitleidenschaft gezogen wur- de.«974 So wird etwa mit der Formulierung »die vor Blondheit Strotzenden« die Nähe der Haider-Familie zum Nationalsozialismus, der den groß gewachsenen, blon- den »Arier« als »Herrenmenschen« idealisierte, angedeutet. Insbesondere Hai- ders Eltern sollen überzeugte Nationalsozialisten gewesen sein. Die Mutter, Dorothea Rupp, eine Primarstochter aus großbürgerlichem, na- tionalem Haus, war während der NS-Zeit Bannmädchenführerin beim BDM gewesen. Der Vater, Robert Haider, ein Schuhmachergeselle aus ärmlichen Ver- hältnissen (welch Mesalliance !, befand die mütterliche Verwandtschaft975), war bereits als 18-Jähriger der SA beigetreten  – zu einem Zeitpunkt, als die NS- DAP in Österreich noch illegal gewesen war. Als Mitglied der SA hatte er sich 1934 an dem gescheiterten Juli-Putsch beteiligt. In Österreich stand er deshalb auf einer Fahndungsliste, weswegen er über die Grenze nach Bayern flüchten musste. Dort leistete er zweijährigen Militärdienst, trat formell der NSDAP bei und arbeitete anschließend in München bei der Firma »Agfa«. Nach dem »An- schluss« Österreichs an das Deutsche Reich 1938 tauchte Robert Haider wie- der in Österreich auf und wurde »Gaujugendwalter« der »DAF« (»Deutsche Arbeitsfront«) in Linz. Zwei Jahre später wurde er zur Wehrmacht eingezogen. Ein Onkel der Mutter Dorothea erwarb indes im November 1941 das arisierte Kärnter Bärental, das der Großneffe Jörg in dem Jahr seiner Wahl zum Bun- desobmann der FPÖ schließlich erben sollte : 972 LW, S.  14. 973 LW, S.  34. 974 LW, S.  16  f. 975 Vgl. Zöchling, Haider, S.  18. 268 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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