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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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tion durch das im Nationalsozialismus und im Krieg Erlebte auf gewisse Weise traumatisiert. So musste jeder für sich einen Weg finden, mit der mehr oder minder belasteten Vergangenheit weiterleben zu können. Die Strafmaßnahmen gegen die Eltern, vor allem den Vater, mögen Jörg Haider also geprägt und ihn die Rolle des »ewigen Opfers« gelehrt haben. Schon in seiner Kindheit war er in eine Welt von Sein und Schein eingeführt worden, in der die Eltern versucht hatten, die Welt draußen nichts von der Armut und den Demütigungen wissen zu lassen, denen sie sich ausgesetzt fühlten.983 Jörg Haider als Nesthäkchen der Familie und Musterschüler im Gymnasium, der stets darauf bedacht war, seine Mitschüler bei Leistungskontrollen auszu- stechen, hatte schon früh erfahren, dass man sich von der nationalsozialistischen Vergangenheit distanzieren muss, um als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft anerkannt zu werden  – auch wenn in seinem Milieu ganz anders geredet wurde. »Gefesselt in ihrer Schuld und in ihrer Trauer über die verlorenen Jahre« habe Haiders Elterngeneration nie wirklich eine Sprache für das Geschehene gefun- den, glaubt Zöchling, und als »der Politiker Haider darüber Rede und Antwort stehen musste, konnte er es auch nicht«984. Immer wieder sprach Jörg Haider, zum Beispiel bei den umstrittenen SS-Ve- teranentreffen am Ulrichsberg, von der fehlenden Anerkennung, die Österreich den ehemaligen Wehrmachts- und SS-Veteranen zu Unrecht verweigere : »Ich habe mir gedacht, es ist vielleicht ganz gut, auch ein öffentliches Zeichen zu set- zen, … dass klargemacht wird, dass es keine Schande ist, sich mit den Teilnehmern am Ulrichsberg als österreichischer Politiker zu treffen… Wir leben halt wirklich in einer Zeit, in der political correctness … verbreitet wird und man versucht, jene Treffen und Begegnungen von der älteren Generation, die eigentlich nur in einer Gemeinsamkeit daran denken will, was sie alles durchgemacht hat, wofür sie gestanden ist und wofür sie heute noch steht, zu diskriminieren. … Ich möchte einmal wissen, ob jemand von denen, die zu feige sind dort hinzugehen, oder die ständig den Stab über das Ulrichs- bergtreffen brechen, ob sie einmal ein vernünftiges Argument sagen können. Es gibt nämlich keines, außer dass man sich ärgert, dass es in dieser Welt einfach noch anstän- dige Menschen gibt, die einen Charakter haben und die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind.«985 Welche Überzeugung das im Konkreten ist, führte Haider in seiner Rede nicht aus  – die Anwesenden fühlten sich ohnehin bestätigt, und für die Kritiker war 983 Vgl. Zöchling, Haider, S.  18. 984 Ebd., S.  18. 985 Czernin, Westentaschen-Haider, S.  53  ff. 270 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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