Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 283 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 283 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Bild der Seite - 283 -

Bild der Seite - 283 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Text der Seite - 283 -

recht unverhohlen  – »totale Verleugnung«13 statt. Die Kritik an dem allgemei- nen sprachlichen Unvermögen findet sich in einem Großteil von Jelineks Texten wieder : manchmal ex-, manchmal implizit, sehr oft in Mischformen. Um die Besonderheit Jelineks literarischer Ästhetik, die sich durch das stän- dige Experimentieren mit neuen Formen auszeichnet, herausarbeiten zu können, wurde in einem nächsten Schritt eine Annäherung an die Autorinnenbiografie geleistet, welche die theoretische Auseinandersetzung nicht nur mit lebensge- schichtlichen Details zu Elfriede Jelinek bereichern, sondern auch literarische Traditionen bewusst machen sollte, an welche die Autorin mit ihren Metho- den von Collage, Montage und Destruktion anknüpft. In erster Linie sind es die sprachkritischen und avantgardistischen Literaturtraditionen des 19. und 20.  Jahrhunderts, die Jelinek in jungen Jahren geprägt haben. Die Nähe zum Wiener Aktionismus und zu der Experimentierfreudigkeit der Wiener Gruppe ist auch heute noch erkennbar. Für Jelinek selbst ist dabei die Feststellung wich- tig, dass sie sich »leidenschaftlich und patriotisch und geradezu fanatisch« als österreichische und nicht als deutsche Autorin fühle, denn das Österreichische sei »eine ganz andere Sprache«14, die sich unter dem Einfluss jüdisch-öster- reichischer Literaturtraditionen in der Habsburger Monarchie entwickelt habe : Durch den Einfluss des Jüdischen sei vor allem das satirische Schreiben in die österreichische Literatur getragen worden, das der nationalsozialistische Fa- schismus mit seiner eindimensionalen Auffassung von Kunst und der Ausrot- tung bzw. Vertreibung jüdischer Kunstschaffender vernichtet hat. In einem weiteren Schritt wurde darauf aufmerksam gemacht, welchen Stel- lenwert die Auseinandersetzung mit dem Opfermythos in Elfriede Jelineks li- terarischem Œuvre einnimmt : Hierfür wurde ein roter Faden gesponnen, der von frühen Texten in den 1960er und 70er Jahren bis hin zu jüngsten Veröffent- lichungen reicht, welche die Kritik an Opfermythos und Faschismus in ihren Mittelpunkt stellen. Dabei wurde die wichtige Erkenntis herausgestrichen, dass Jelineks spezifischer, marxistisch geprägter Faschismusbegriff über das singuläre historische Ereignis des deutsch-österreichischen Nationalsozialismus hinaus- geht und allgemein die ungleichen Gewalt- und Besitzverhältnisse innerhalb der Gesellschaft beschreibt. In geistiger Nähe zu Theodor Adorno ist Faschis- mus bei Jelinek als Phänomen der Masse zu lesen, die durch eine ideologisch vereinnahmte Sprache manipuliert, verdummt und ent-politisiert wird.15 Ihr Destruktionsverfahren ermöglicht es Jelinek, Sprachgebrauchsformen wi- derzuspiegeln, anhand deren parodistischer Verfremdung Mythen erkannt und 13 Jelinek, zitiert nach : Janke/Kovacs/Schenkermayr, »Die endlose Unschuldigkeit«, S.  19. 14 Dies., zitiert nach : Sander, Textherstellungsverfahren, S.  19  f. 15 Vgl. Kapitel  1.6.2 dieser Studie. 283 Zusammenfassung der Ergebnisse  |
zurück zum  Buch Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung"
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek