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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Um in Aufbau und Strukturierung des Texts nĂ€her einzufĂŒhren, wurden in einem weiteren Schritt die wichtigsten RĂŒckbezĂŒge auf wahrscheinliche PrĂ€- texte geschildert. Die Grenzen verwischende Darstellung von Leben und Tod, das zentrale Motiv in »Die Kinder der Toten«, wurde mit Freuds AusfĂŒhrungen ĂŒber »Das Unheimliche« verglichen. In Referenz auf E. T. A. Hoffmann24 hatte Freud in seinem Aufsatz aus dem Jahr 1917 herausgearbeitet, dass es vor allem das DoppelgĂ€ngertum in all seinen Abstufungen und AusprĂ€gungen sei, das in der Literatur fĂŒr das Unheimliche stehe, darunter Ich-Verdoppelung, Ich-Tei- lung, Ich-Vertauschung sowie die Wiederkehr des Immergleichen (Wiederho- lung der GesichtszĂŒge, Charaktere, Schicksale, der verbrecherischen Taten)25  – gestalterische Formen, wie sie in den gezeigten VervielfĂ€ltigungen der untoten Hauptfiguren in »Die Kinder der Toten« wiederholt vorzufinden sind. Im aller- höchsten Maße unheimlich erscheine vielen Menschen alles, was mit dem Tod, mit Leichen und mit der Wiederkehr der Toten zusammenhĂ€nge  – vermutlich weil es, allen wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Trotz, immer noch unmög- lich sei, die eigene Sterblichkeit zu imaginieren.26 Die Entfremdung des Ver- trauten  – in seiner grĂ¶ĂŸtmöglichen Steigerung : Das tote Ich  – konnte daher als das eigentliche »Unheimliche« ausgemacht werden. Die Parallelen zu Leberts »Wolfshaut«-Roman bestehen neben thematischen und motivischen Relationen vor allem in der Übernahme eines polyphonen Er- zĂ€hlkonzepts, was als hervorstechendste stilistische Besonderheit des Romans bezeichnet wurde. Das multiperspektivische ErzĂ€hlerinnen-Ich in »Die Kinder der Toten« wurde als »Opfer-TĂ€ter-Kippfigur« bezeichnet, die in ihrer Dar- stellungsform als Spiegelbild der österreichischen Erinnerungskultur begriffen werden kann ; diese entwickelte sich seit den 1990er Jahren hin zu einem »Op- fer-TĂ€ter-GedĂ€chtnis«, wie  – auf den theoretischen Teil dieser Studie verwei- send  – festgehalten wurde. DarĂŒber hinaus wurde in diesem Kontext auch auf Selbstthematisierungen der Autorin aufmerksam gemacht, die auf das familiĂ€re Trauma von Verfolgung und Vernichtung jĂŒdischer Familienmitglieder im Na- tionalsozialismus verweisen sowie auf die von der Autorin selbst als neurotisch beschriebene Beziehung zu ihrer Mutter. In einem weiteren Schritt wurden einige der wichtigsten Mythendestruktio- nen aus »Die Kinder der Toten« exemplarisch zur Analyse ausgewĂ€hlt. Mit die- sem textimmanenten Kapitel sollte gezeigt werden, dass der Opfermythos und sein Fortwirken in der Gegenwart bei Jelinek als ein perfides Geflecht nationaler Mythen dargestellt sind, welche die unterschwellige, aber stĂ€ndige PrĂ€senz und 24 Vor allem dessen Roman »Die Elixiere des Teufels«. 25 Vgl. Freud, Das Unheimliche, S.  246  f. 26 Vgl. ebd., S.  254  f. 287 Zusammenfassung der Ergebnisse  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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