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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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12 Neue illustrierte Welt · Einleitung allein daran, dass illustrierte Zeitungen in vielen Bi- bliotheken als nicht archivierungswürdig angesehen wurden. Das interessante Blatt, die größte und aufla- genstärkste Wochenillustrierte der k. u. k. Monarchie und der Ersten Republik etwa, ist in Österreich in nur fünf Bibliotheken erhalten, in Deutschland gar nur in einer einzigen – und dies, obwohl ihre Leserschaft bei Weitem größer war als die einer durchschnittlichen bildungsbürgerlichen Tageszeitung, die in jedem grö- ßeren Stadtarchiv aufbewahrt wird. Ich möchte in diesem Buch zeigen, dass gerade dieser populäre Strang der fotografischen Berichter- stattung, der sich freilich auf vielfältige Weise mit den Äußerungsformen der Hochkultur verbindet, ein äußerst spannendes Gebiet für eine aufmerksame, neugierige, an Bildern orientierte Gesellschafts- und Kulturgeschichte ist.7 Denn auf den Seiten der illus- trierten Presse, die sich (fast) immer an ein großes Publikum wendet, treten manche gesellschaftlichen Brüche und manche Verschiebungen der kollekti- ven Wahrnehmung viel deutlicher hervor als in der Hochkultur. So lassen sich etwa die Veränderungen in den Rollenbildern der Geschlechter entlang der Bildberichterstattung anschaulicher dokumentieren als anhand reiner Textmedien (Abb. 2). Ähnliches gilt für den Sport, die Starkultur, die Mode oder die Wer- bung, allesamt Themen, die in der illustrierten Presse besonders deutliche Spuren hinterlassen haben. Doch die Pressefotografie ist kein simples Fens- ter zur Wirklichkeit. „Die“ Geschichte bildet sich also nicht unmittelbar in den Pressebildern ab. Es wäre naiv zu behaupten, dass die Pressefotografie die historische Wirklichkeit auf authentische Weise dokumentiert und wiedergibt. Der Begriff des „Au- thentischen“, der die dokumentarische Fotografie oft begleitet, ist, auch das wird zu zeigen sein, ein histo- risch gewachsener Begriff. Die ersten in der Presse gedruckten Zeitungsbilder gelten vor und um 1900 im Vergleich zu den sehr viel lebendigeren Presse- zeichnungen (Abb. 3) keineswegs als authentischer. Erst nach und nach werden die Vorzüge der Fotogra- fie gegenüber der Zeichnung betont. Letztere erlebt nach 1900 als Nachrichtenmedium einen rapiden Be- deutungsverlust. Parallel dazu etabliert sich in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts die Fotografie als wirklichkeitsnahes, „authentisches“ Nachrichtenme- dium.8 Die Wechselwirkungen zwischen historischen Er- eignissen und fotografischen Bildern in der Zeitung sind weitaus komplexer und vielfältiger, als es auf den ersten Blick scheint. Was wann und in welcher Form in den Zeitungen auftaucht, ist das Ergebnis zahlreicher Auswahl- und Filterungsprozesse. Der Fo- tograf, der das Pressefoto aufnimmt, ist nur einer der Agenten dieses vielschichtigen Zusammenwirkens. Ebenso wichtig ist der institutionelle Apparat der Zei- tung selber. Relevant sind hier die Eigentümerstruk- tur, das ökonomische Kalkül, mit dem das Blatt ope- riert, die Entscheidungen der Text- und Bildredaktion, die technischen Möglichkeiten des Drucks, aber auch Art und Umfang des Vertriebs (vom Abonnement bis zum Straßenverkauf). Wichtig für die Reichweite, Be- deutung und Rezeption von Zeitungsfotografien ist zudem das politische, gesellschaftliche und kulturelle Umfeld, in dem das Medium erscheint, aber auch die Form und Präsenz der Konkurrenzmedien. Als beispielsweise in den 1920er Jahren das Kino zum konkurrierenden großen Bildmassenmedium wird und der Film bedeutende Fortschritte in der visuellen Erzähltechnik macht, reagiert auch die il- lustrierte Presse auf diese Entwicklungen. Die Her- ausbildung der modernen Fotoreportage ab Mitte der 1920er Jahre, die Bilder auf erzählerische Weise zu Serien verbindet, hat auch, wenn auch nicht aus- schließlich, mit der medialen Konkurrenz und der Herausforderung durch das Kino zu tun. Abb. 2  Die  bekannte  Wiener  Schauspielerin  Helene  Odilon  bei  einer  Automobil-Spazier- fahrt  in  der  Umgebung  von  Berlin.  Das interessante Blatt,  28.  Mai  1903,  S.  5.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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