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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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64 Bild und Text · Die Rhetorik der Zeitungsseiten ge Zeit kein Verkaufsargument. Dennoch gibt es Aus- nahmen. Die seit 1906 existierende österreichische Wochenzeitung Der Samstag orientiert sich in der Titelblattgestaltung, aber auch im kleineren Format und zum Teil auch in der inhaltlichen Ausrichtung, deutlich an deutschen Vorbildern, insbesondere an der Woche. Die Woche erscheint seit 1899 im Berliner Scherl Verlag, sie ist von ihrer Ausrichtung her kaiser- treu, konservativ und nationalistisch, kommerziell ist sie höchst erfolgreich. Sie avanciert hinter der Ber- liner Illustrirten Zeitung zur zweiten großen Illustrier- ten im Deutschen Reich.10 Auch das österreichische Pendant Der Samstag setzt – im Unterschied etwa zum Interessanten Blatt und den Wiener Bildern – auf groß- formatige, ausdrucksstarke Fotos auf dem Umschlag (Abb. 4). Aktuelle Staatsereignisse dienen ebenso als visuelle Aufhänger wie herausragende kulturelle Er- eignisse. Die Zeitung verzichtet auf dem Umschlag auf Schlagzeilen. Der Schriftzug des Titels ist einfach, klar und grafisch modern. Das Konzept geht freilich nicht auf, der Samstag stellt Anfang 1909 sein Er- scheinen wieder ein. Erst in den 1920er Jahren, als der Straßenverkauf auch in Österreich beginnt, setzen in der österrei- chischen Zeitungsszene weitreichende grafische Reformen ein. Während die traditionellen, etablier- ten Wochenzeitungen weiter bei ihrer Linie bleiben, bringen Neugründungen wie der sozialdemokratische Kuckuck oder der christlichsoziale Welt-Guck (beide erscheinen ab 1929) gestalterischen Schwung in die Illustriertenszene.11 Das Diktat der Spalten Auch die Gestaltung des Innenteils der illustrier- ten Zeitungen steht in enger Verbindung mit öko- nomischen, aber auch mit technischen Parametern. Solange die Leserschaft eine überschaubare, gutbür- gerliche städtische Klientel anspricht, gibt es keinen Grund, sich in großen Schritten vom etablieren Mo- dell der Familienzeitschrift des 19. Jahrhunderts zu entfernen. Nur zögernd modernisieren die österrei- chischen Illustrierten ihre Gestaltung und damit das Verhältnis von Text und Bild. Das grafische Grundras- ter ist bis weit ins 20. Jahrhundert hinein die meist dreispaltige Anordnung des Textes. Die Bilder werden schablonenartig in dieses starre Korsett eingepasst. Ihre Größe passt sich in der Regel der Spaltenbrei- te des Textes an. Nur gelegentlich schaffen sich die Bilder ein wenig Freiraum, indem sie den Fließtext aus ihrem Raster drängen, meist aber ohne einen tat- sächlichen Dialog zwischen Text und Bild in Ganz zu setzen. Die beiden Medien bewegen sich jahrelang nebeneinander her. Bis weit nach der Jahrhundert- wende ist es üblich, Text- und Bildblöcke getrennt zu präsentieren, oft folgen die erklärenden Texte zu den Bildern erst viele Seiten später. Die Bilder werden lange Zeit als Zutaten zum Text und nicht als eigenständiges Medium mit einer ganz eigenen Sprache begriffen. Bis in die 1920er Jahre sitzen an den Redaktionstischen der illustrierten Wo- chenzeitungen fast ausschließlich Textredakteure, die für den Umbruch verantwortlich sind. Der Beruf des Fotoredakteurs ist in diesen Jahren noch unbekannt. Die Redaktionen sind klein, in der größten Wiener Illustrierten beispielsweise, dem Interessanten Blatt, sind nach der Jahrhundertwende neben dem Chefre- dakteur nicht mehr als drei bis vier fest angestellte Redakteure beschäftigt. Unterstützt werden diese durch freie Mitarbeiter.12 Zudem gibt es technische Beschränkungen. Solange Bilder und Texte in ge- trennten Arbeitsschritten gedruckt werden müssen, meidet man eine zu enge Verzahnung der beiden Me- dien. Erst als nach 1900 Druckmaschinen in Betrieb gehen, mit denen Bildklischees und Texte auf diesel- ben Metallrollen geätzt werden können, eröffnen sich weit mehr Möglichkeiten der Interaktion. Nach und nach bewegen sich die beiden Medien Bild und Text in der Zeitung aufeinander zu. Am 3. Juli 1897 bringt Das interessante Blatt eine bemerkenswerte Bild-Text-Kombination, die den schwierigen Übergang zwischen Text- und Bildme- dium andeutet. In der Mitte der Zeitungsseite ist ein eindrucksvolles Bild zu sehen, das einen irischen, in Paris lebenden Komiker zeigt (Abb. 5). Er ist als „Kunstpfeifer aus Paris“ international bekannt und wird anlässlich eines Wiener Gastauftritts porträtiert. Das vom französischen Fotografen Charles Teiner zu- gekaufte Brustbild wird freigestellt (auch das ist eine gestalterische Neuerung), um es in die dreispaltige
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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