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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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96 Als die Männer fliegen lernten · Die ersten Wiener Flugschauen Die Helden der Lüfte – es sind, wie wir noch sehen werden, bis auf wenige Ausnahmen Männer – verkör- pern eine Art viriles Gegenprogramm zum angeblich krisenhaften, verweichlichten, die Nerven fordernden Leben auf Erden. Dieses neue Heroentum wird durch zwei Tendenzen geprägt, die der frühen Aviatik ihren Stempel aufdrücken: Allmählich werden die Piloten wichtiger als die Maschinen und die Luftschifffahrt wird zunehmend militarisiert. Stehen anfangs noch die Fluggeräte, ihre Ferti- gung und ihre technischen Raffinessen gleichbe- rechtigt neben dem Piloten im Blick der Öffentlich- keit, so ändert sich das in den kommenden Jahren. Allmählich rückt Letzterer zum unumstrittenen Star auf, die technischen Details der Aeroplane treten zu- nehmend in den Hintergrund. Der Pilot wird in der Öffentlichkeit herumgereicht und gefeiert. Bei den zahlreichen Flugschauen rückt er zum wahren Hel- den des Himmels auf. Die umjubelten Jagdpiloten des Ersten Weltkriegs tauchen also nicht aus dem Nichts auf, sondern reihen sich ein in eine Tendenz zur He- roisierung der Luftfahrt, die schon etliche Jahre vor dem Krieg begonnen hat. Wenn wir die Berichte und Bilder in der illustrierten Presse zwischen 1908 und 1914 überblicken, lässt sich diese zunehmende Ido- lisierung der Piloten, die nicht selten zugleich auch Konstrukteure, Ingenieure oder Mechaniker sind, deutlich nachweisen. Immer häufiger erscheinen ihre Fotos, die sie oft zusammen mit dem Flugzeug zeigen, das sie lenken, in den Zeitungen. Ihre ersten Schritte verdankt die motorisierte Avi- atik einem vorwiegend zivilen Erfinder- und Unter- nehmertum. Nach den ersten großen Erfolgen gerät sie aber immer stärker in den Sog des Militärs. Diese Verschiebung hat nicht zuletzt mit den enormen Kos- ten zu tun, die mit dem Bau und der Verbesserung der Apparate verbunden sind. Zudem wird dem Mi- litär sehr schnell klar, dass motorisierte Flugzeuge vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Transport, Lo- gistik und Aufklärung bieten. Beide Entwicklungen, die Herausbildung eines zunehmenden Heroenkults und die vermehrte militärische Einflussnahme, las- sen sich in den frühen Jahren der österreichischen Aviatik gut verfolgen. Am 29. November 1909, nur wenige Wochen nach Blériots Flugschau, verlaufen die Flugversuche Igo (Ignaz) Etrichs auf dem neu errichteten Flugfeld Steinfeld bei Wiener Neustadt erfolgreich. Im ersten Anlauf schafft sein Apparat einen 100 Meter langen Flug.18 Im März 1910 steigt der Wiener Flugpionier Adolf Warchalowski auf dem Wiener Neustädter Flug- platz erstmals mit einem Passagier an Bord auf und landet nach einer Viertelstunde wieder sicher. Mit der Etrich II Taube, einer Weiterentwickelung seines ersten Flugapparates, feiert Etrich 1910 seine ersten großen Erfolge. Am 17. Mai absolviert Etrichs Mecha- niker und Pilot Karl Illner den ersten Überlandflug von Wiener Neustadt nach Wien und landet sicher auf der Simmeringer Haide. Die 55 Kilometer lan- ge Strecke legt er in 32 Minuten und 42 Sekunden zurück.19 Anschließend fliegt er wieder zurück. Am 10. Oktober 1910 absolviert Illner mit dem Etrich IV einen erfolgreichen Flug von Wien-Simmering nach Horn und gewinnt damit den von der Gemeinde Wien gestifteten Preis von 20 000 Kronen. Die 80 Kilome- ter lange Strecke bewältigt der Pilot bei Gegenwind in 72 Minuten. Die öffentliche Inszenierung dieser Fahrt unterscheidet sich deutlich von der bisherigen Abb. 4  Der  Pilot  Karl  Illner  vor  dem  Flug  von  Wien-Simmering  nach  Horn.  Hinter  ihm  ist  der  Flugapparat  Etrich IV  zu  sehen.  Illner  bewältigt  die  80  Kilometer  lange  Strecke  in  72  Minuten.  Das interessante Blatt,  13.  Okto- ber  1910,  S.  11. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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