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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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101Verletzliche Männer Aufnahme in der Zeitung die Geschlechterverhältnis- se wieder ins Lot. Thérèse Peletier wäre demnach die Ausnahme, die die Regel bestätigt: Die Frauen sind das „furchtsame“ Geschlecht, die Männer hingegen das tapfere, ihnen gehört der Luftraum. Gerade weil eine einzelne Frau die Regel durchbricht und sich in den Führerstand eines Flugzeuges vorwagt, bestätigt sie, so die Botschaft, dass die Fliegerei ein männliches Metier ist. Im März 1910 absolviert Raymonde de Laroche, eine junge Pariser Schauspielerin, als erste Frau der Welt die Pilotenausbildung. Noch im selben Jahr nimmt sie an den Flugschauen von Kairo, Budapest und St. Petersburg teil, wo sie Vierte wird. Im Früh- jahr 1911 wagt sich die erste österreichische Frau an Bord eines motorgetriebenen Flugzeugs.27 Ihre Pilo- tenausbildung schließt die aus Prag stammende Bozˇe- na Lagler im Oktober 1911 ab. Ebenfalls im Frühjahr 1911 taucht das erste Foto einer fliegenden Österrei- cherin in der Presse auf (Abb. 10). Die Protagonistin heißt Grete Hierhammer, sie ist, wie die Zeitung be- tont, die „hübsche Tochter des Vizebürgermeisters“ von Wien. Anfang April 1911 besucht sie zusammen mit ihrer Tochter die soeben in Wiener Neustadt eröff- nete Flugzeugfabrik „Österreichisch-ungarische Auto- planwerke Wien-Budapest und Paris“. Sie besichtigt Hangars und Werkstätten und besteigt anschließend den Flugapparat „Vindobona“. Adolf Warchalowski, ein Flieger der ersten Stunde, nun Direktor der öster- reichischen Dependance des Unternehmens, lässt es sich nicht nehmen, selbst auf dem Pilotensitz Platz zu nehmen. Für ihn als Neuunternehmer ist das kleine Spektakel ein willkommener Werbegag, der ihm das Interesse der Presse sichert. Die Passagierin sitzt hinter Warchalowski auf dem Doppeldecker. „Trotz der leichten Brise, die über das Steinfeld hinblies“, rollt der Doppeldecker auf das Flugfeld. „Nach wenigen Sekunden schwang sich die Flugmaschine in die Lüfte. Nach Umkreisen des Stein- feldes wurde glatt vor den Hangars gelandet“, melden die Wiener Bilder, die auch ein Foto vom außerge- wöhnlichen Ereignis drucken.28 Hierhammer wird als Ausnahmefrau vorgestellt. Fliegende Frauen wer- den noch lange Exotinnen bleiben. Gerade in dieser angeblich so unweiblichen Rolle sind sie allerdings als spektakulärer Aufputz für das männliche Unter- nehmen Fliegen willkommen. Als im Juni 1913 das zweite Wiener Flugmeeting in Aspern stattfindet, hat das Programm bereits eine „Damenkonkurrenz“ zu bieten. Unter den Pilotinnen ist die in Budapest gebo- rene, in Wien lebende 20-jährige Lilly Steinschneider, die in ihrer Etrich Taube aufsteigt.29 Verletzliche Männer Die Geschichte der frühen Luftfahrt ist eine Ge- schichte der Erfolge und Triumphe. Sie ist aber auch eine Geschichte der Niederlagen und Missgeschicke. Technische Pannen, Unfälle, Abstürze und Bruchlan- dungen sind an der Tagesordnung. Es gibt kaum eine Flugschau, bei der nicht Flugapparate in Schwierig- keiten geraten und Piloten verunglücken. Die Män- ner, die angeblich so unerschrocken und kühn in die Luft steigen, sind in Wahrheit extrem verletzlich. Ge- nau genommen ist diese Verletzlichkeit die Kehrseite ihres männlich-heroischen Images. Gewiss, es domi- Abb. 10  Die  Wienerin  Grete  Hierhammer  bricht  im  April  1911  von  der  Wiener  Neustadt  aus  zu  einen  Rundflug  im  Dop- peldecker  auf.  Pilot  ist  der  öster-  reichische  Flugpionier  Adolf  Warchalowski,  inzwischen  Direktor  der  „Österreichisch-  ungarischen  Autoplanwerke  Wien-Budapest  und  Paris“  in  Wiener  Neustadt.  Wiener Bilder,  19.  April  1911,  S.  8. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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