Seite - 114 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

114 Mit der Kamera bewaffnet · Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg ge versammelt, während der Wiener Bürgermeister Richard Weiskirchner eine Ansprache an den Kaiser hält. Dieser erscheint, so heißt es im Bildtext, auf der Schlossterrasse, um die Worte entgegenzunehmen.26 Die Propagandamaschinerie dient aber nicht nur dazu, Niederlagen zu kaschieren bzw. gelegentlich so- gar in (kleine) Siege umzuwandeln oder tatsächliche Siege in patriotischen Massenveranstaltungen zu fei- ern, sie soll auch der Propaganda des Kriegsgegners entgegentreten. Als nach der Eroberung Serbiens im Spätherbst 1915 Vorwürfe laut werden, die Kriegs- gefangenen würden in den österreichischen Lagern schlecht behandelt, antwortet die Militärführung mit Bildern, die das Gegenteil beweisen sollen (Abb. 10). Eine Titelseite von Österreichs Illustrierter Zeitung zeigt „zufriedene Kriegsgefangene“.27 Ein Fotograf der Wiener Fotoagentur Kilophot – vermutlich ist es Alexander Exax28 – zeigt mehrere serbische Gefange- ne. Einer von ihnen ist in Großaufnahme abgebildet. Er hockt auf dem Boden und blickt in die Kamera. Ob der Mann „zufrieden“ ist, lässt sich dem Bild beim besten Willen nicht entnehmen, aber die Schlagzeile schafft ihre eigenen Fakten. Abb. 10  „Zufriedene  Kriegs- gefangene“.  Fotos  sollen  bewei- sen,  dass  es  den  serbischen  Gefangenen  in  den  österreichi- schen  Kriegsgefangenenlagern  gut  geht.  Österreichs Illustrierte Zeitung,  6.  Juni  1915,  Titelseite.  Foto:  Kilophot. Abb. 11  Kaiser  Karl  auf  dem  Flugfeld  in  Aspern,  8.  Juli  1918.  Anlass  ist  die  Einrichtung  einer  Postflugverbindung  Wien  –  Bu- dapest.  Rechts  im  Bild  ist  die  Kaiserin  Zita  mit  den  Kindern  (v.  l.  n.  r.)  Otto,  Adelheid  und  Robert  zu  sehen.  Wiener Bilder,  28.  Juli  1918,  S.  5.  Foto:  Brüder  Schuhmann.