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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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116 Mit der Kamera bewaffnet · Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg Die mediale Bilanz des Ersten Weltkriegs ist viel- schichtig. In den Jahren zwischen 1914 und 1918 erlebt die fotografische Bildproduktion und -repro- duktion einen immensen Aufschwung. Je mehr der Krieg zu einem visuellen Ereignis wird, das sich in illustrierten Zeitungen, im Kino, in Büchern und in Ausstellungen niederschlägt, desto mehr Bilder wer- den gebraucht. Der Krieg erweist sich als Katalysa- tor für die fotografische Bildberichterstattung, auch wenn die Entwicklung in verschiedenen Ländern unterschiedlich verläuft. Während sich die englische und französische Bildpresse größere Freiheiten er- laubt bzw. etwas weniger stark am Gängelband des Militärs und der Kriegsführung hängt, ist die Kontrol- le in Deutschland und Österreich allumfassend. Die Modernisierung und Weiterentwicklung der Kriegs- bildberichterstattung erfolgt, darauf weist Ulrich Kel- ler in einer wichtigen vergleichenden Studie hin, in Deutschland und Österreich später und halbherziger als in Frankreich, England und den USA.30 In allen kriegführenden Ländern investieren so- wohl das Militär als auch die Presse zwischen 1914 und 1918 viel Geld in die Verbesserung der Fotobe- richterstattung. Im Laufe des Krieges kommt es daher zu einer grundlegenden Umschichtung im Medien- system. Zensur, Akkreditierungsmaßnahmen und die systematische „Einbettung“ der fotografischen Berichterstattung in die militärische Logistik führen zu einer zunehmenden Verzahnung von Militär und Medien, zu einer Symbiose zwischen Kriegsführung und Propaganda. Diese militärisch kontrollierten Propaganda- schlachten haben weitreichende Folgen für die Nach- kriegszeit. Die umfassende Kontrolle und die enge Symbiose zwischen Medien und Militär führen – vor allem in der zweiten Hälfte des Krieges – zu Mono- pol- und Oligopolbildungen auf dem Zeitungs- und Zeitschriften-, aber auch auf dem Filmmarkt. Es sind diese Kriegsgewinnler und -monopolisten, die unmit- telbar nach dem Krieg die Öffentlichkeit beherrschen. Erst Mitte der 1920er Jahre beginnt sich das Feld der kommerziellen Anbieter von Bildern wieder langsam auszuweiten. Bezogen auf die Entwicklung der Pressefotogra- fie heißt das: Das Jahr 1918 ist keineswegs, wie oft behauptet, eine Stunde null im Bildjournalismus. Es gibt zahlreiche strukturelle und personelle Brücken zwischen Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit. Viele Pressefotografen, die in der Zwischenkriegszeit erfolgreich sind, haben ihre ersten Erfahrungen als Kriegsfotografen gesammelt, manche von ihnen wa- ren bereits vor 1914 aktiv. Ein Beispiel unter mehre- ren ist Carl Seebald. Er ist seit 1904 als Pressefotograf tätig, arbeitet während des Krieges sehr erfolgreich als Kriegsberichterstatter und ist in der Zwischen- kriegszeit noch jahrelang für die Presse unterwegs. Der Boom der Illustrierten, der in den 1920er Jah- ren einsetzt, wurzelt – auch – im Krieg. Die wichtigen illustrierten Blätter können während des Krieges ihre Auflagen deutlich steigern.31 Zu Beginn des Krieges werden – vor allem im Billigsegment – einige neue illustrierte Wochenzeitungen gegründet.32 Zahlrei- che – auch regionale – Tageszeitungen, die bisher keine illustrierten Beilagen produziert haben, bieten ihren Lesern während der Kriegszeit fotografisch illustrierte Beilagen und Wochenendausgaben an.33 Insgesamt hat sich die illustrierte Presse unter dem Einfluss des Krieges radikal gewandelt. Das bereits vor 1914 weit entwickelte internationale Vermark- tungssystem für Fotografien bricht bei Kriegsbeginn mit einem Schlag zusammen. Dafür aber wird die Lo- gistik der aktuellen Fotoberichterstattung während des Krieges laufend ausgebaut. Die Geschwindigkeit der fotografischen Bildübermittlung wird in atembe- raubendem Tempo erhöht. Es kommt, trotz aller Zen- surmaßnahmen, zu einer Professionalisierung der Pressefotografie. Nach 1918 werden die Themen des Krieges zwar in der schnelllebigen Welt der illustrier- ten Presse bald verdrängt, aber hinter den Kulissen sind seine Folgen noch lange spürbar.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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