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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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121Politik wird sichtbar schlagenen Reichsratswahlen erfolgreich waren und den Einzug in den Reichsrat geschafft haben. Inter- essant ist, dass nicht alle, sondern nur die nach dem neuen, ausgeweiteten Wahlrecht – 1896 wird eine fünfte, allgemeine Wählerkurie eingeführt19 – gewähl- ten Abgeordneten porträtiert werden. Auch hier zeigt sich: Politische Massenmobilisierung und Auswei- tung der politischen Bildberichterstattung gehen um die Jahrhundertwende Hand in Hand. Die Brustbilder gleichen einander: Es handelt sich durchweg um klas- sische Atelieraufnahmen, die auf der Zeitungsseite rasterartig nebeneinandergestellt werden. Diese noch sehr holzschnittartigen Porträts mar- kieren den Anfang der fotografischen Politikerikono- grafie in Österreich. In den folgenden Jahren wird sie sich in raschen Schritten weiterentwickeln. Wenige Jahre später erscheinen in den Wiener Bildern bereits ganz andere Aufnahmen. Am 11. September 1901 be- ginnt eine Serie, die die „österreichischen Minister in ihren Arbeitscabineten“ vorstellt. Anlass ist die bevorstehende Wiedereröffnung des Parlaments. Da- her ist es der Zeitung ein Anliegen, „die Männer im Bilde zu bringen, in deren Hand die Zügel der Staats- gewalt liegen.“20 „Naturgemäß beginnen wir mit Sr. Excellenz, dem Ministerpräsidenten, Herrn Dr. Ernest von Koerber, in seinem Arbeitszimmer im Minister- raths-Präsidium in der Herrengasse“.21 Und weiter heißt es im Bericht: „Wir haben die Herren Minister alle an ihrer Arbeitsstätte aufgesucht und unserem trefflichen Photographen ist es gelungen, die Excel- lenzen in ihren Arbeitscabineten in geradezu meister- haft aufgefaßten Bildern festzuhalten.“22 Tatsächlich unterscheiden sich die Aufnahmen, die der bekannte Wiener Fotograf Charles Scolik sen. anfertigt, sehr deutlich von den stereotypen Brustbildern bisheri- ger Machart. Die berufliche Umgebung der Politiker, die bisher noch nie auf Bildern zu sehen war, rückt nun neben dem Protagonisten in den Mittelpunkt. Das Interieur des Arbeitszimmers gehört in dieser Inszenierung ausdrücklich zu den positiven Attribu- ten der Politikerpersönlichkeit. So entsteht ein weit lebendigerer Eindruck als in den bisherigen Politiker- porträts. Allmählich treten die prominenten Figuren des öffentlichen politischen Lebens aus der bildlichen Anonymität. Sie werden wiedererkennbare Figuren. Um die Jahrhundertwende setzt sich dieser Trend auch im Inneren des Parlaments fort. Bisher hatten die Sitzungen des Abgeordnetenhauses unter Aus- schluss von Fotografen stattgefunden. Anfang Febru- ar 1901 erscheint in den Wiener Bildern erstmals eine Aufnahme, die den Sitzungssaal – nicht nur die Pres- segalerie, wie beim Zeitungsbild 1893 –im Überblick zeigt (Abb. 4).23 Das Foto stammt vom bekannten Wie- ner Architektur- und Stadtfotografen August Stauda. Der Saal ist leer, keiner der 424 Abgeordneten ist zu Abb. 4  Der  Sitzungssaal  des  österreichischen  Abgeord- netenhauses.  Wiener Bilder,  6.  Februar  1901,  S.  3.  Foto:  August  Stauda.  sehen. Der Fotograf hat den Saal an einem sitzungs- freien Tag abgelichtet, offenbar ist es noch verpönt, die Abgeordneten während der Arbeit im Plenarsaal zu zeigen. „Es ist nicht unsere Aufgabe“, heißt es ein wenig süffisant zu diesem Bild, „politische Betrach- tungen über den neuen Reichsrath anzustellen und wir begrüßen denselben nur mit der vorzüglichen Aufnahme des Sitzungssaales des Abgeordnetenhau- ses, in dessen stilvollen Räumen unsere Gesetzgeber ihres Amtes walten oder auch nicht.“24 Ein gutes Jahr später, im Juni 1902, wagt der Budapester Fotograf Alexander Sorger erstmals während einer Sitzung einen Blick in das ungarische Parlament.25 Auf der Tagesordnung steht das Reichsbudget, das beide Ab- geordnetenhäuser gemeinsam beschließen. Das Foto,
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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