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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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152 Im Schatten der Konzerne · Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit Der Redaktionsstab der beiden Zeitungen ist klein. Das interessante Blatt beispielsweise verfügt über lediglich vier fest angestellte Redakteure. Ei- ner von ihnen ist der Chefredakteur Josef Papanek (1867 – 1944)34, der das Blatt zwischen 1907 und 1937 leitet.35 Auch seine Tochter Rose-Marie (Mizzi) Papanek ist in der Zwischenkriegszeit Redakteurin der Zeitung. Organisatorische Aufgaben liegen in der Hand einer Sekretärin, andere Tätigkeiten werden Pauschalisten übertragen.36 Die Fotografen, die für das Blatt arbeiten, sind nicht fest angestellt, sondern arbeiten freiberuflich. Umbruch und Gestaltung werden von den Redak- teuren selbst erledigt, eigens ausgebildete Fotoredak- teure gibt es nicht. Entsprechend einfach sind daher, zumindest noch in den 1920er Jahren, viele der grafi- schen Lösungen. Das Grundmuster einer Zeitungssei- te bildet ein dreispaltiges Textraster. In dieses wer- den – oft recht einfallslos – die Bilder eingepasst. Erst Ende der 1920er Jahre beginnt sich dieses Schema allmählich aufzulösen. Der Text wird zurückgedrängt, nun gibt es öfter optisch ansprechende, dynamischer gestaltete Bildseiten. Vermehrt werden nun auch the- matische Bildstrecken und Fotoreportagen gedruckt.37 Ein frischer Wind in der illustrierten Presse Am 6. April 1929 erscheint die erste Ausgabe der sozialdemokratischen illustrierten Wochenzeitung Der Kuckuck im parteieigenen Vorwärts-Verlag. Am 2. Oktober desselben Jahres startet der katho- lisch-konservative Innsbrucker Tyrolia-Verlag mit der ersten Nummer des Welt-Guck. Im Untertitel nennt sich die Zeitung ab Februar 1930 Österreichs illustriertes Wochenblatt. Diese beiden Illustrierten bilden das publizistische Sprachrohr der sich Ende der 1920er Jahre immer unversöhnlicher gegenüber- stehenden politischen Blöcke, der Sozialdemokraten und der Christlichsozialen. Im Unterschied zu den beiden etablierten Illustrierten Das interessante Blatt und Wiener Bilder, die sich – zumindest nach außen hin – von der Parteipolitik eher fernhalten, greifen die beiden neuen Blätter ganz offen in die politische Auseinandersetzung ein. In vielen Fällen nehmen sie geradezu spiegelbildliche Positionen ein. Wichtig sind die beiden Blätter, weil sie um 1930 einen neuen Stil in die österreichische Pressefotogra- fie bringen. Sie sind die ersten grafisch anspruchs- voll gestalteten Wochenillustrierten, die ganz auf die Kraft der Bilderzählung setzen. Bereits in der Gestaltung der Titelblätter (Abb. 7, 8) heben sie sich deutlich von den schwerfälligen und weit konserva- tiver gestalteten Marktführern Das interessante Blatt und Wiener Bilder ab. An die Stelle von deren gra- fisch überladenen Titelblättern treten nun einfache Botschaften: das große, ausdrucksstarke Titelfoto und handgezeichnete, schwungvolle Titel. Sowohl der Kuckuck als auch der Welt-Guck erleben eine kurze Blütezeit in den Jahren um 1930. Anfang der 1930er Jahre sind die beiden Experimente schon wieder zu Ende – aus ganz unterschiedlichen Gründen. Anfang November 1932 verabschiedet sich der Welt-Guck als moderne Bildillustrierte und wird – ohne Angabe von Gründen – in eine konventionelle Wochenzeitung mit Bildern umgewandelt, die bis März 1938 erscheint.38 Im Februar 1934 wird der Kuckuck von der austrofa- schistischen Diktatur verboten. Während die Rolle des Kuckuck in der österreichi- schen Pressefotografie gut erforscht ist, ist der Welt- Guck bisher kaum als innovatives Medium gewürdigt worden.39 Beide Zeitungen distanzieren sich von An- fang an bewusst von der herkömmlichen Bildpresse und greifen die Neuerungen im Fotojournalismus freudig auf. Ihre Vorbilder stammen zweifellos aus der deutschen Publizistik. Während der Kuckuck sichtlich auf die gestalterischen (wenn auch nicht die politischen) Anregungen der KP-nahen Wochen- zeitung Arbeiter-Illustrierte Zeitung (AIZ) zurückgreift, orientiert sich der Welt-Guck an avancierten bürger- lichen Blättern, wie etwa der Münchner Illustrierten Presse, der Kölnischen Illustrierten Zeitung, der Ham- burger Illustrierten, insbesondere aber an dem in Frankfurt erscheinenden Illustrierten Blatt, von dem es auch einen bekannten deutschen Fotojournalisten, Paul Edmund Hahn, „entlehnt“. Hahn veröffentlicht, das war bisher nicht bekannt, zahlreiche Fotorepor- tagen im Welt-Guck.40 Warum entstehen 1929 fast zeitgleich zwei par- teinahe Illustrierte, die einen neuen Stil in die illus- trierte österreichische Publizistik bringen? Beide
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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