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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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162 Im Schatten der Konzerne · Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit Hinsicht kommt sie nie auch nur annähernd an das deutsche Vorbild – den nationalsozialistischen Illu- strierten Beobachter – heran. Für den Umschlag wird in der Regel ein seitenfüllendes Foto verwendet, Titel und Überschriften sind in flotter Schrift manuell ge- zeichnet. Im Innenteil ist die Zeitung konventioneller aufgemacht. Die dreispaltige Gliederung wird immer wieder für Bildstrecken und Illustrationen durchbro- chen, aber avancierte grafische Lösungen finden sich selten. Zwar bringt die Zeitung gelegentlich Fotomon- tagen, aber deren grafische Gestaltung ist, etwa im Vergleich zum Kuckuck, wenig raffiniert. Auch der Druck ist eher schlecht. Bis 1933 tritt die österreichische NSDAP in der Zeitung Der Notschrei nicht explizit in Erscheinung. Sogar Details zu Eigentümerstruktur, Herausgebern und Redakteuren werden im Impressum nicht preis- gegeben – wohl, um die Mitarbeiter vor staatlichen Nachstellungen zu schützen. Die Leser erfahren nur, dass Schriftleitung und Verwaltung in der Hirschen- gasse 25, Wien 6, untergebracht ist. Ab Herbst 1932 verschwinden auch die Hinweise auf die Fotografen weitgehend. In ihrer Programmatik orientiert sich der Notschrei an den Publikationen der deutschen Nationalsozialisten, über die regelmäßig ausführliche Berichte erscheinen. Attacken gegen die österreichi- sche christlichsoziale Regierung, das Werben für ei- nen Anschluss an Deutschland und ein aggressiver Antisemitismus, Rassismus und Antikommunismus gehören zu den zentralen inhaltlichen Ingredienzien des Blattes.78 Neben Aufnahmen professioneller Lichtbildner und Fotoagenturen druckt die Zeitung auch regel- mäßig Fotos, die Leser eingeschickt haben. Die Re- daktion fördert diese Zusendungen mit Aufrufen: „Photoamateure! Sendet uns weiter fleißig Aufnah- men!“79 Über die Pressefotografen, die regelmäßig für die Zeitung tätig sind, ist wenig bekannt, da ihre Namen häufig nicht genannt werden. Ein Fotograf ist allerdings von Anfang an auffallend oft mit Bildern im nationalsozialistischen Notschrei vertreten, Lothar Rübelt. Seine Bilder werden immer namentlich an- geführt. Er hat offenbar keinerlei Berührungsängste gegenüber der nationalsozialistischen Illustrierten. Rübelt ist mit Freizeit- und Sportbildern (Abb. 14) ebenso präsent wie mit Aufnahmen von Parteiver- anstaltungen. Als einziger österreichischer Pressefo- tograf beliefert er das gesamte politische Spektrum mit Bildern, vom sozialdemokratischen Kuckuck bis zum nationalsozialistischen Notschrei. Als am 18. Sep- tember 1932 Joseph Goebbels, der Berliner „Gaulei- ter“ und Propagandachef der NSDAP, in der Wiener Sportarena Engelmann vor großem Publikum auftritt, liefert Rübelt die Fotos für den Notschrei (Abb. 15). Im Text zu den Bildern heißt es: „Die Begeisterung der Massen kannte keine Grenzen als Dr. Goebbels geen- det hatte. Und als schließlich aus tausend Kehlen das Deutschlandlied erklang, da fühlte jeder einzelne, daß alle Anstrengungen und Krämpfe der Systemparteien auch bei uns vergebens sein werden, daß auch uns Österreichern die historische Stunde schlagen wird, Abb. 14  Der Notschrei  ist  eine  professionell  hergestellte  Illustrierte  der  österreichischen  Nationalsozialisten,  die  Anfang  der  1930er  Jahre  gegründet  und  im  Juni  1933  verboten  wird.  Der Notschrei,  15.  Dezember  1932,  Titelseite.  Foto:  Lothar  Rübelt.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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