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168 Im Schatten der Konzerne · Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit
lags arbeiten. Dennoch: Trotz all dieser grafischen
Verbesserungen bleiben die beiden Flaggschiffe der
österreichischen illustrierten Presse erstaunlich re-
sistent gegenüber ästhetischen Neuerungen. Im Ver-
gleich mit der deutschen Bildpresse hinken sie in den
Zwischenkriegszeit gestalterisch deutlich hinterher.
Konservative Wende,
austrofaschistische Propaganda
Der innovative Elan der bürgerlichen Wochenillus-
trierten wird zusätzlich durch das Auftauchen einer
neuen Illustrierten, der Österreichischen Woche ge-
bremst. Sie erscheint ab September 1933 (Abb. 24).97
Auf Druck der Regierung wird sie zahlreichen regi-
onalen katholisch-konservativen Zeitungen als Wo-
chenillustrierte beigelegt. Dadurch erreicht sie eine
enorme Auflage. Inhaltlich und grafisch gehen von
der Österreichischen Woche keine innovativen Impulse aus, im Gegenteil: Die auflagenstarke Wochenzeitung
trägt wesentlich dazu bei, die um 1930 zögerlich ein-
setzende Modernisierung der bürgerlichen Illustrier-
ten wieder zu bremsen. Freilich darf ihre Bedeutung,
vor allem für Wien, nicht überschätzt werden. Das
strikt antiurbane Programm der Zeitung beschränkt
ihre Leserschaft in der Großstadt. Auf dem Land hin-
gegen erschließt sie tatsächlich neue Leserschichten
in der kleinbürgerlichen und bäuerlichen Bevölke-
rung, die bisher kaum Käufer illustrierter Zeitungen
gewesen waren.
Der Konzern in der Rüdengasse profitiert im öko-
nomischen Sinne von der „Konkurrenzzeitung“. Denn
die Österreichische Woche wird in der hauseigenen
Druckerei hergestellt und sogar die Redaktion befin-
det sich in der Rüdengasse 11. Diese wirtschaftliche
Verflechtung des Zeitschriftenkonzerns mit der Re-
gierung und deren Medien schlägt sich auch in der
Berichterstattung des Interessanten Blattes und der
Abb. 23 Mitte 1932 kommt es
zu einer Modernisierung der
Umschlaggestaltung bei den
Wiener Bildern.
Die Vignette
im Titelkopf verschwindet.
Der Schriftzug des Titels wird
vereinfacht. Wiener Bilder,
25.
Februar 1934, Titelseite.
Abb. 24 Die Österreichische
Woche ist eine regierungsnahe
Propagandaillustrierte, die seit
September 1933 erscheint. Sie
wird zahlreichen regionalen Zei-
tungen beigelegt und erreicht
dadurch die hohe Auflage
von
bis zu 700
000 Exemplaren.
Österreichische Woche, 20.
Juni
1935, Titelseite.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Untertitel
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Autor
- Anton Holzer
- Verlag
- Primus Verlag
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Abmessungen
- 23.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang