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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Seite - 273 -
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273Lichter der Großstadt wohl wissend, dass die Realität nüchterner aussieht. Das Bild markiert eine Art Wendepunkt der Amerika- begeisterung. Nach 1933 weicht das unbekümmerte Staunen über die modernen Phänomene der Groß- stadt immer öfter einer antiurbanen, kulturkritischen Haltung. Für die breite Masse der Bevölkerung ist Amerika in der Zwischenkriegszeit ein diffuses atmosphäri- sches Konglomerat von Eindrücken und Bildern. Da kaum Bauprojekte nach amerikanischem Vorbild in Wien realisiert werden, wird der architektonische Geist der amerikanischen Metropole mit anderen Mit- teln eingefangen. Ab Mitte der 1920er Jahre verleihen Leuchtreklame-Schriften nach amerikanischem Vor- bild der alten K.-u.-k.-Stadt zumindest in der Nacht ein modernes Flair. Die sich schnell ausbreitenden Werbeschriften zeugen davon, dass die karge Nach- kriegszeit endgültig zu Ende ist. „Blickt man spät abends vom Kahlenberg auf die – keineswegs schlummernde – Stadt, so umgibt sie eine leuchtende Aureole – die Spiegelung der Lichtreklame“, schreibt der Journalist Alexander Schilling 1928 in der Modernen Welt über das neue, hell erleuchtete Wien bei Nacht.13 Und er fährt fort: „Auch die Lichtreklame mit ihrer bunten, flammen- den Aufdringlichkeit ist ein Zeichen unserer Tage, ein Symptom fortschreitender Amerikanisierung. Wie die mondäne Frau Schminke und Puder braucht, die Augenbrauen nachzieht, künstlich das Auge dunkel umschattet und auf die Lippen Rot auflegt, so liebt nun auch die Madame Reklame bunte, leuchtende Farben und strahlende Blitze. Alle Zurückhaltung, alle Bescheidenheit sind verbannt. Das Veilchen ist abgesetzt, die exotische Pracht der Orchidee be- rauscht uns. Man will nicht im Schatten stehen, son- dern im – Licht.“14 Schillings Feuilleton ist ein schönes Beispiel für die Faszination, die von der modernen Großstadt aus- geht. Der Autor erliegt dem Reiz der durch Werbe- schriften erleuchteten Stadt. Zugleich aber erscheint ihm die amerikanisierte Metropole auch als aufdring- lich und gefährlich. Er vergleicht sie mit einer stark geschminkten Frau und wahrt eine gewisse Distanz zur „Madame Reklame“, jener „protzige(n) Dame, de- ren Beruf es ist, aufzufallen und alle Blicke auf sich zu lenken“.15 Schillings Haltung ist typisch für die österreichische Amerikabegeisterung der Zwischen- kriegszeit. Diese erscheint, wenn es darum geht, dem Vorbild nachzueifern, auffallend gebremst und verhalten, nach dem Motto: ein wenig Amerika, aber nicht zu viel. Die „amerikanischste“ Straße Wiens ist in den Augen von Schilling die Kärntner Straße „Hier pulst das Leben der Großstadt in kondensierter Form. Die Abb.  11  Nächtliches  Wien.  Die  Lichtreklame  ist  um  1930  die  Signatur  der  modernen  Großstadt.  Die  tanzenden  Leuchtschriften  entstehen  durch  Überlagerung  mehrerer  Aufnahmen.  Profil,  Heft  9,  September  1933,  Titelseite. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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