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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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336 Frauen hinter der Kamera · Die neuen Fotografinnen kurz vor oder um die Jahrhundertwende geboren, die meisten sind jüdischer Herkunft, praktisch alle haben während oder kurz nach dem Krieg die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien absolviert, deren Fotokurse erst seit 1908 Frauen offenstehen. Einige sind als Kinder oder Jugendliche aus der Peripherie der Monarchie nach Wien zugewandert. Hier, in der Hauptstadt, versuchen sie nun ihr Glück. Das neue Selbstbewusstsein dieser Unternehmerinnen schlägt sich auch in ihrer Arbeitsweise nieder. Die jungen Fotografinnen verstehen es, die Zeichen der Zeit zu lesen, viele von ihnen fotografieren moderner und ge- wagter als ihre Vorgängerinnen und ihre männlichen Kollegen. Ihre Kundschaft in den Ateliers besteht zu einem guten Teil aus Frauen: Schauspielerinnen, Tänzerinnen, Künstlerinnen, aber auch Vertreterin- nen der gutbürgerlichen Wiener Gesellschaft. Diese Fotografinnen erfüllen nicht nur deren Aufträge, son- dern sehen sich als gleichberechtigte Partnerinnen in einer gemeinsamen öffentlichen Inszenierung. Sie fühlen sich nicht nur als Handwerkerinnen, sondern auch als Künstlerinnen. Die Arbeit im Atelier steht für einen Großteil der Fotografinnen im Vordergrund. Aber die meisten von ihnen bieten ihre Bilder auch der illustrierten Presse an. Im Zeitungsgeschäft besonders gut vertreten sind Madame d’Ora, Trude Fleischmann und Edith Barako- vich, deren Bilder regelmäßig auch in der deutschen Bildpresse erscheinen. Welt  ohne  Männer „Alle Männer sind von der Welt verschwunden bis auf einen. In der Regierung, in den Städten, auf dem Land, in den Fabriken und Geschäften – nichts als Frauen.“8 Das Szenario, das der Redakteur der Wochenzeitung Wiener Bilder im Jahr 1925 entwirft, stammt aus dem Film mit dem Titel „Die Welt ohne Männer“. Der amerikanische Streifen der Firma Fox wird im Juni 1925 in den Wiener Kinos gezeigt. „Der einzig überlebende Mann wird entdeckt, versteigert und von Millionen Frauen als das kostbare Gut ge- hütet.“9 Man könnte diesen seichten Filmplot, der weit in der Zukunft, im Jahr 2000 angesiedelt ist, als belanglose Männerfantasie der 1920er Jahre abtun. Aber ganz so einfach liegen die Dinge nicht: Die Ha- remsseligkeit schlägt schnell in ein Angstszenario um, der letzte Mann der Erde, so die Befürchtung, unterliegt der gewaltigen Frauenübermacht. Das Filmpublikum der 1920er Jahre kann die Verweise der Filmstory auf die Realität durchaus entziffern. Die Erschütterungen des Ersten Welt- kriegs haben die Ordnung der Geschlechter tief grei- fend durcheinander gebracht. In allen Lebens- und Arbeitsbereichen haben Frauen die abwesenden Männer ersetzt. Sie arbeiten nun als Straßenbahn- schaffnerinnen und als Rüstungsarbeiterinnen, als Buchhalterinnen wie als Beamtinnen – und eben auch als selbstständige Fotografinnen. Die Kriegswirt- schaft der Jahre 1914 bis 1918 hat diese Entwicklung propagandistisch unterstützt. Im Oktober 1919 nimmt Joseph Roth darauf Bezug, wenn er schreibt: „Die Frau, die einen ‚Beruf ergreift‘, wird eigentlich vom Beruf ergriffen. Die Wirtschaftsordnung zwingt sie zur Tätigkeit.“10 Zufall ist es gewiss keiner, wenn sei- Abb.  7  Der  Künstler  Carry  Hauser.  Das deutsche Lichtbild,  Berlin  1930,  S.  94.  Foto:  Geiringer-Horovitz.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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