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353Aufbruchstimmung
um 1930
Lebens eine Aufbruchstimmung spürbar, im Theater
ebenso wie im Tanz, im Film genauso wie in der bil-
denden Kunst. Die Hinwendung zur (oft gemäßigten)
fotografischen Moderne reicht in Österreich bis etwa
zur Mitte der 1920er Jahre zurück. Zwischen 1927
und 1929 häufen sich in den illustrierten Wochenzei-
tungen, vor allem in der Bühne und im Wiener Maga-
zin, teilweise auch in der Modernen Welt, Veröffentli-
chungen im Stil der Moderne. Ab 1928/29 erscheinen
Berichte über das Bauhaus, über die Richtungen in-
nerhalb der Kunstfotografie und die Mode der Neuen
Sachlichkeit (Abb.
12). Illustriert sind diese Beiträge
hin und wieder auch mit Bildern österreichischer Fo-
tografen, viele von ihnen Amateure, die die modernen
Tendenzen der Neuen Sachlichkeit und des Neuen
Sehens in dosierter Form aufnehmen.
Aber auch in den Fotoausstellungen macht sich
der neue Trend bemerkbar. Anfang 1929 findet im
„Glaspalast“ des Wiener Burggartens – dem ehemali-
gen Gewächshaus des kaiserlichen Hofes an der Wie-
ner Ringstraße – die erste einer mehrjährigen Reihe
kunstfotografischer Ausstellungen statt. Auch wenn
die Schau, in der die künstlerisch arbeitenden Ama-
teure den Ton angeben, insgesamt recht traditionell
ausgerichtet und noch weitgehend der herkömmli-
chen Kunstfotografie verpflichtet ist, sind doch einige
wenige österreichische Anhänger des Neuen Sehens
vertreten.20 Eine weitere Fotoausstellung, auf der ne-
ben viel Traditionellem auch eine Reihe moderner Ar-
beiten internationaler und österreichischer Fotogra-
fen gezeigt wird, findet im Sommer 1929 in Salzburg
statt.21 Wolfgang Born stellt die Schau in der Bühne
vor und umreißt diesen neuen, modernen Zugang zur
Fotografie: „Wirklichkeitshunger ist das Kennwort der
Gegenwart. Nichts gilt, was nicht mit Händen zu grei-
fen ist. Die Kunst als getreuer Spiegel der geistigen
Haltung, geht im gleichen Schritt mit der Wissen-
schaft auf Eroberung der Wirklichkeit aus. Sie entwi-
ckelt ihren Stil aus dem Gegenständlichen. Man hat
ihr bereits vorgeworfen, sie sei photographisch – und
die Wahrheit ist, daß sie es, mit Einschränkung, wie
sich von selbst versteht, sein will.“22
In den folgenden zwei, drei Jahren häufen sich
Ausstellungen, die modernen Positionen in der Fo-
tografie mehr Raum geben. Im Dezember 1930 zeigt Otto Kallir in seiner „Neuen Galerie“ in Wien erst-
mals eine Ausstellung moderner Fotografie: „Akt und
Porträt in der Fotografie“. Im Januar 1930, also noch
vor der Eröffnung der FiFo, folgt in derselben Galerie
eine zweite Fotoausstellung, die dem Fotografen Willy
Riethof, einem der bekanntesten Vertreter des Neuen Abb.
8 „Musikalisches Detail“.
Wiener Magazin, Heft 3, März
1934, S.
38. Foto: Kurt Husnik.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Untertitel
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Autor
- Anton Holzer
- Verlag
- Primus Verlag
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Abmessungen
- 23.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang