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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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381Die Vorgeschichte der gemäßigten Linken. Um 1930, als die politische Kluft zwischen Sozialdemokraten und Christlichso- zialen immer größer und unüberbrückbarer wird, steuert er den Tag und den Morgen geschickt durch das innenpolitische Minenfeld. Er ist um einen politi- schen Ausgleich bemüht. Nach dem Bürgerkrieg 1934 und der offenen Ausrufung der Diktatur zieht er sich als Chefredakteur zurück. Vincenz Ludwig Ostry wird neuer Tag-Chefredakteur, Rudolf Kalmar, ein altge- dienter Tag-Journalist mit katholischem Hintergrund und einer etwas kompromissbereiteren Haltung ge- genüber dem Regime, übernimmt den Lokalteil des Blattes.4 In der Zeit des Austrofaschismus ist der Wiener Tag die einzige österreichische Tageszeitung, die der Ein- flussnahme der Regierung ein Stück weit entzogen ist, da die Vernay Aktiengesellschaft unter tschechi- scher Kontrolle steht.5 Die Redaktion meidet freilich auch jegliche offene Konfrontation mit der Regierung. Sie beschränkt sich auf eine nüchtern-trockene Be- richterstattung und legt den Fokus auf den unpoliti- schen Lokalteil und die internationalen Nachrichten. Dem nationalsozialistischen Regime in Deutschland begegnet die Zeitung jedoch in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre mit offener Kritik. Die Gründung des Sonntag verdankt sich also ei- ner ganz besonderen publizistischen und politischen Konstellation. Die Zeitung steht unter dem Schutz des Mutterblattes Wiener Tag und der tschechisch domi- nierten Vernay AG. Sie tritt zudem nicht als eigen- ständige Publikation auf, sondern als Wochenendbei- lage der Tageszeitung. Hinter der Neugründung der illustrierten Zeitung steht der einflussreiche Direktor des mächtigen Vernay-Konzerns, Emil Oplatka (geb. 1885 in Prag). Die Leitung des Sonntag übernimmt nicht irgendein Journalist, sondern sein Sohn, Hans Ernest Oplatka (geb. 1911 in Wien). Emil Oplatka ist tschechischer Herkunft und arbeitet nach der Jahr- hundertwende als Journalist in Wien. 1920, nach der Gründung des tschechoslowakischen Staates, kehrt er mit seiner Familie für ein paar Jahre in seine Hei- mat zurück und absolviert dort eine steile berufliche Karriere. Anfang der 1920er Jahre hat er in Prag hohe Verwaltungspositionen in international agierenden Medienkonzernen inne, u. a. beim tschechischen Ra- dio, bei der Agentur Reuters, beim Orbis Verlag und der Vernay AG. Sein Sohn Hans Oplatka6 pendelt in jungen Jahren ebenfalls viel zwischen Wien und Prag. Nach seiner Kindheit in Wien absolviert er zwischen 1922 und 1928 das deutschsprachige Realgymnasium in Prag. Anschließend kehrt er nach Wien zurück macht Ende der 1920er Jahre eine Grafik- und Fotoausbil- dung an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt. Das Fotografieren entdeckt er über seinen Vater, der seit dem Ersten Weltkrieg als Amateurfotograf tätig ist. 1930/31 besucht Hans Oplatka in Prag das Poly- technische Institut und absolviert – als tschechischer Staatsbürger – den Militärdienst. Anschließend sam- melt er fotojournalistische Erfahrungen in Frank- reich. Er arbeitet eine Zeit lang in der Redaktion der renommierten Zeitschrift VU, in der er auch eigene Bildberichte veröffentlicht. VU ist in den 1930er Jah- ren sowohl grafisch wie fotografisch die avancierteste französische Illustrierte und ein Vorbild für andere Zeitschriften, u. a. Life.7 1931 veröffentlicht Oplatka mit seinen Paris-Fotos einen Fotoband unter dem Ti- tel Rue St. Antoine. Als Hans Oplatka Anfang April 1934 die erste Nummer des Sonntag herausbringt, ist er erst 23 Jahre alt. Dennoch: Als Journalist, Fotograf und Zeit- schriftengestalter ist er kein Newcomer mehr. Er weiß – nicht zuletzt aus der Redaktion der VU –, wie gute Bildgeschichten gebaut sein müssen. Es ist un- verkennbar, dass Hans Oplatka seine journalistischen und handwerklichen Kenntnisse, die er in Frankreich gewonnen hat, in die Gestaltung des Sonntag einflie- ßen lässt. Außerdem nutzt er, nachdem er wieder in Wien ist, auch Kontakte zu französischen Fotografen. Einige von ihnen publizieren in der Folge im Sonntag. Auch als Fotograf kann Hans Oplatka 1934 auf ei- nige Berufserfahrung bauen. Als 20-Jähriger hat er 1931 erste Aufnahmen in der Zeitschrift Die Bühne veröffentlicht.8 Im selben Jahr liefert er, ebenfalls für die Bühne, eine Fotoreportage über „Sonntagsaben- teuer auf der Seine“, die er aus Paris mitgebracht hat.9 Auch der atmosphärisch dichte Text stammt von ihm. In den folgenden Jahren arbeitet Oplatka immer wieder für die Bühne, meist bietet er Reisegeschichte an, etwa aus Frankreich, Oberitalien oder Prag.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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