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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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417Heinrich Hoffmann: Hitler-Fotograf Hand in Hand mit der perfekten Inszenierung der Massenveranstaltung geht die mediale Begleitung der Auftritte. Radio, Filmwochenschau und Zeitungen be- richten ausführlich in Text, Bild und Ton über die Ver- anstaltungen. Der Tenor der Berichte variiert kaum, die Propagandamaschinerie des Regimes findet in der gleichgeschalteten Presse willige Multiplikatoren. Be- sonders wichtig ist der nationalsozialistischen Füh- rung die Bildberichterstattung. Das interessante Blatt räumt dem Grazer Auftritt des Führers in Form eines „Sonderbildberichtes“ besonders viel Platz ein. Am 7. April 1938, wenige Tage nach der Veranstaltung, zeigt die Titelseite des Blattes Hitler während seiner Grazer Rede.8 (Abb.  5). Über dem Porträt des Redners prangt unmissverständlich der Aufruf: „Dein ‚Ja‘ – dem Führer!“ Im Innenteil wird die Reportage über mehrere Seiten hinweg fortgesetzt. Eine Doppelseite widmet sich dem Graz-Besuch des „Führers“, eine weitere berichtet über die restlichen Stationen der Propagandareise. Der Auftritt Hitlers in Graz wird vom Wiener Presse- fotografen Lothar Rübelt in Bildern festgehalten. Es ist bezeichnend, dass die Redaktion einen Fotogra- fen, der schwerpunktmäßig im Sportbereich tätig ist, mit dieser anspruchsvollen und heiklen Aufgabe betraut. Sogar der Text zu dem Bildbericht aus Graz stammt von Rübelt. Der Grund dürfte darin liegen, dass Rübelt viel Erfahrung im Dokumentieren von komplexen Großereignissen hat. Zudem ist er ein begeisterter und verlässlicher NS-Anhänger. Wenige Monate später, am 22. Dezember 1938, beschreibt Rübelt in einem Schreiben seine Verdienste um die Partei und betont, dass er schon vor 1938 für die na- tionalsozialistische Bewegung tätig gewesen sei. „Ich habe als Reichsdeutscher in Wien lebend mit Erfolg den Einfluß von Juden in meinem Arbeitsgebiet zu- rückgedrängt. Vor der Verbotszeit war ich fast der al- leinige Fotograf der Parteipresse und auch während der Verbotszeit ist es mir durch die Möglichkeit des ungehinderten Grenzübertritts gelungen, der Bewe- gung wertvolle Dienste zu leisten. Ich verweise dies- bezüglich auf die Empfehlungsschreiben der Reichs- statthalterei an die Filmkammer.“9 Im Bericht aus Graz lässt Lothar Rübelt seiner Be- geisterung freien Lauf. „Vor der festlich geschmückten Grazer Bahnhofsallee empfing ein Orkan der Freude den Retter Österreichs, als der Führer Grazer Boden betrat. Der Führer grüßte mit erhobener Hand, im Wagen stehend, und eine überschäumende Begeiste- rung erfaßte die Menschen, die ihren Führer, der aus ihrer Heimat stammt, zum erstenmal sahen. Unbe- schreiblich war der Ausbruch der Freude der 20 000, als der Führer in der Halle der Weitzer Waggonfabrik erschien und hier zu seinen Steirern, durch den Rund- funk aber zu ganz Großdeutschland sprach.“10 Als der „Führer“ eine Woche später, am 9. April 1938, in der Halle des Wiener Nordwestbahnhofes seinen abschließenden Auftritt vor der Volksabstim- mung absolviert, ist Lothar Rübelt wieder mit dabei. Neben ihm sind bei den Massenveranstaltungen zahlreiche weitere Fotografen im Einsatz.11 Auch ihre Bilder finden den Weg in die Presse, wo sie ähnlich suggestiv präsentiert werden. Heinrich  Hoffmann:  Hitler-Fotograf Am Tag der Volksabstimmung, dem 10. April 1938, bringen die Wiener Bilder ein Hitler-Porträt auf der Titelseite. Der Aufruf ist eindeutig: „Dem Befreier Ös- terreichs – dem Retter Deutschlands Dein ‚Ja‘!“12 Die Vorlage dieser Abbildung stammt aus der Fotoagentur von Heinrich Hoffmann, der bereits seit Jahren die Karriere Hitlers fotografisch und publizistisch beglei- tet. Er gilt als der Hitler-Fotograf, er ist es, der das bekannte fotografische Image des „Führers“ entwirft und verbreitet. Auch die Österreich-Auftritte Hitlers werden von Hoffmann lückenlos dokumentiert und vermarktet. Heinrich Hoffmann wird in den folgen- den Jahren nicht nur im „Reich“, sondern auch in der angeschlossenen „Ostmark“ zur zentralen Anlauf- stelle für NS-Bilder (Abb.  6). Über seinen Verlag und seine Fotoagentur gelingt es ihm, zum größten und wichtigsten nationalsozialistischen Bildlieferanten aufzusteigen.13 Das Unternehmen expandiert rasch. 1932 verfügt es noch über 17 Angestellte (darunter die junge Eva Braun, Hitlers spätere Geliebte), 1943 sind bereits 300 Mitarbeiter für die Firma im Einsatz. Täglich werden nicht nur an die 160 Redaktionen mit aktuellen Pressefotos beliefert, man produziert auch Bildbände, Werbebroschüren, Postkarten und weite-
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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