Seite - 84 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Bild der Seite - 84 -
Text der Seite - 84 -
84 | Wasser
gewonnen zu haben :74 Durch die (erste) Polizeiordnung von 1786, die sich am Wiener
Vorbild orientierte, war das Baden in der Donau – aufgrund von praktischen und mo-
ralischen Bedenken – noch verboten worden,75 im Sommer 1802 hatten die Landes-
regierung und der Magistrat, weil ohnehin gebadet werde und »es doch bei manchen
Menschen die Reinlichkeit fordert, sich im fliessenden Wasser abzuwaschen«, einen
Platz beim »Fischer im Gries« (d. h. fast 2 Kilometer flussabwärts vom Hauptplatz)
ausgewählt, an dem für Männer unter Aufsicht und gegen Bezahlung das Baden nun
doch erlaubt war.76
An der Donaulände bestand im 18. Jahrhundert eine Pferdeschwemme77 und
Dienst botinnen schöpften dort das Wasser für häusliche Zwecke aus der Donau.78
Zudem nutzte man das Donauwasser zur Frischhaltung von Speisefischen : Die Linzer
Fischhändler verfügten über große Fischkalter, die sich offenbar in der Zizlau (nahe
der Traunmündung) befanden. Das Inventar eines Fischhändlers aus dem Jahr 1750
listet 193 Pfund lebende Fische im Zizlauer Kalter auf, darunter Saiblinge, Forellen,
Huchen, Rutten und Hechte.79 Zudem unterhielt die Stadt ein »Fischfloß« mit Fisch-
kaltern in der Donau nahe der Brücke, das an Händler und vermutlich auch an Privat-
leute verpachtet war.80 Für Kühlzwecke gewann man Eis aus der Donau, das im Win-
ter in die zahlreichen städtischen Eisgruben gebracht wurde.81 Erstaunlicherweise
wurden die Eisgruben – wohl aus Kostengründen – manchmal mit Schnee gefüllt, in
den 1720er Jahren überlegte man hingegen, die ständische Eisgrube beim Landhaus
mit importiertem Eis – deswegen war der Bauschreiber nach Salzburg, Laufen und
Gmunden (!) gefahren
– zu befüllen, was schlussendlich als zu teuer verworfen wurde.82
In der Donau wurde nur begrenzt Wäsche gewaschen, obgleich es – vermutlich bei
der Brücke – ein von der Stadt unterhaltenes Waschfloß gab und ein Plan aus den
1810er Jahren ein »Wäscherhäusl« bei den Schotterbänken unterhalb der Strasserinsel
zeigt.83 Zudem wusch man die Erzeugnisse der Wollzeugfabrik vor dem Färben in der
Donau aus, Ähnliches ist für die Linzer Gerber belegbar.84 Häufiger wurden für das
Wäschewaschen aufgrund des kalkarmen Wassers die kleinen Wasserläufe nördlich der
74 Vgl. zu Salzburg und Wien : Ebner/Weigl, Wasser, 26 u. Brunner/Schneider, Umwelt, 248 u. 513 – 515.
75 Pfeisinger, Industrie, 26.
76 AStL, Altakten, Sch. 165 ; LR E7e-g, Reg. 227 (56) ; vgl. Kreczi, Linz, 231 u. Fink, Geschichte, 71.
77 AStL, HS 861 (»Chronologische Beschreibung«, 1770er Jahre), fol. 42a.
78 Dokumentiert ist das über in den Tageszeitungen thematisierte Unglücksfälle : LAB, 28.1.1864 ; LVB,
18.2.1871 ; ebd., 12.5.1872.
79 LR BIIB1, Reg. 103 (91 – 93), 30.5.1750 ; vgl. LR BIIB2, Reg. 729 (124f.).
80 AStL, HS 389 (Bauraittung 1750), pag. 84 ; vgl. Neweklowsky, Schiffahrt, Bd. 3, 86.
81 LR CIIIH1 – 3, Reg. 653 (469f.) ; ebd., Reg. 732 (535) ; LR BIIA24, Reg. 17178 (43f.).
82 LR BIIA4, Reg. 5533 (206).
83 AStL, HS 389 (Bauraittung 1750), »Holz Rechnung« (unpag.) u. AStL, HS 409 (Bauraittung 1770), pag.
158 ; AStL, HS 434 (Baurechnung 1795/1796), pag. 128 ; OÖLA, Karten- und Plänesammlung, XIV/7 ;
vgl. Heinse, Linz, 1. Aufl., 62.
84 LR CIIIG, Reg. 1120 (290f.) u. ebd., Reg. 1121 (291) ; AStL, Alte Registratur, Sch. 144.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364