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nachtheiligste Einfluß auf die gute Beschaffenheit des Brunnenwassers und dadurch
in erster Linie auf die Gesundheits-Verhältnisse der Bewohner der Stadt genommen
werde«.175 Dagegen sollte die vollständige Kanalisierung der Stadt helfen, zudem
wurde als Ad-hoc-Maßnahme eine Brunneninspektion zur »beständigen sogfältigen
Uiberwachung des Wasserzustandes in den Brunnen« etabliert und auch eine Kurzfas-
sung des Linner-Gutachtens mit einer Auflage von 1.500 Stück auf Gemeindekosten
gedruckt und an »die hiesigen Hausbesitzer unentgeltlich abgegeben«.176 Damit
– und
mit dem Abdrucken von Auszügen des Gemeinderatsprotokolls in den Linzer Tages-
zeitungen
– gab es spätestens ab diesem Zeitpunkt in Linz einen öffentlichen Diskurs
zur Wasserfrage.177 Bereits im März 1868 hatte eine Zeitung bei der Benennung der
drängendsten Fragen für die Zukunft der Stadt die »die Herstellung eines rationellen
Kanalisationsystems und die Versorgung der Stadt mit gutem Trinkwasser« an zweiter
Stelle angeführt.178 Im Sommer und Herbst 1868 war der Gemeinderat – trotz eines
Angebots des britischen Ingenieurs John Moore, eine Wasserleitung auf eigene Kos-
ten zu errichten – jedoch eher mit der Diskussion der Kanalisation beschäftigt, erst
im November 1868 führte eine Eingabe der Freiwilligen Feuerwehr,179 die einen zu
erwartenden Mangel an Löschwasser bei Großbränden konstatierte, zu dem Beschluss,
»endlich die lange schon ventillirte auch in anderer besonders sanitärer Beziehung
wichtige Wasserangelegenheit in Angriff zu nehmen«. Im Blick hatte man aber offen-
bar keine umfangreiche Lösung nach Wiener Vorbild, sondern eher eine Nutzung von
Quellen im Stadtgebiet.180 Die vom Gemeinderat eingesetzte Kommission legte im
Dezember 1869 einen Bericht vor, der deutliche Bedenken hinsichtlich der Ergiebig-
keit dieser Quellen äußerte und die Verwendung von Grundwasser als aussichtsreicher
erachtete.181 Daran anschließend beschloss man – konsensual –, um die »Versorgung
der ganzen Stadt mit guten [sic], für alle Bedürfnisse ausreichenden Wasser« sicher-
zustellen, Verhandlungen mit Moore aufzunehmen und gleichzeitig mit Anzeigen in
»den technischen Fachblättern« nach weiteren Angeboten zu fragen.182 Es bestand
also der Glaube, vielleicht der Wunsch, eine neue Wasserinfrastruktur über ein kom-
merzielles Unternehmen etablieren zu können. Was ex post als Desinteresse und La-
vieren erscheint, sollte eher als Vorsichtigkeit verstanden werden : Infrastrukuren die-
ser Größe verursachten erhebliche Kosten, die legitimiert werden mussten, zudem gab
175 GRP 1868, fol. 133b.
176 Ebd., fol. 134b – 135a ; Linner, Salubritäts-Verhältnisse ; die Brunneninspektion war jedoch nur von
3.6.1868 bis 28.10.1869 tätig – Schiedermayr, Sanitätsverhältnisse, 14.
177 Vgl. etwa die Sitzung vom 13.5.1868 zur Wasserfrage – LTP, 24.5.1868.
178 LTP, 13.3.1868.
179 Vgl. die Diskussion der »Wasserfrage« in Feuerwehrkreisen : Oesterreichische Feuerwehr-Zeitung, 1.9.
1865, unpag.
180 GRP 1869, fol. 237b – 238a u. 382b – 383a ; Pichler-Baumgartner, Wege, 43f.
181 GRP 1869, fol. 381a – 382b.
182 Ebd., fol. 383b – 385b ; Pichler-Baumgartner, Wege, 43.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364