Seite - 103 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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gungsgebiet erstreckte sich somit über die Innenstadt hinweg bis zum Donauufer und
überstieg damit den Charakter einer »Teilleitung« deutlich.210
Analog dazu hatten im Dezember 1885 Hausbesitzer in St. Margarethen und ent-
lang der Donau den Wassermangel vor Ort gegenüber dem Gemeinderat beklagt :
Seitdem die städtische Wasserleitung, die von St. Margarethen aus die Hauptplatz-
brunnen versorgt hatte, 1872 stillgelegt worden war und seither nur noch einen Brun-
nen in St. Margarethen versorgte, sei man darauf angewiesen, das Brauchwasser der
Donau zu entnehmen, was aber im Winter kaum möglich sei. Die Errichtung von
Brunnen sei keine Option, meist nütze man das Wasser, das über die Felsen abrinne,
und erneut wurde das Argument der Ungleichbehandlung in die Diskussion einge-
bracht. Obgleich das städtische Bauamt von der Wiedererrichtung der Leitung abge-
raten hatte – auf die Kosten und die ohnehin bald umgesetzte »allgemeine« Wasser-
leitung verweisend –, beschloss der Gemeinderat im Juli 1886 nach dem Gutachten
eines Stadtarztes, der Handlungsbedarf konstatierte, die Umsetzung des Projekts. Ab
November 1886 wurden ca. 1.000 Bewohner/innen über vier Brunnen mit einer täg-
lichen Wassermenge von bis zu 800 Hektolitern versorgt, was schlussendlich 7.400 fl
kostete. Wie bei der Schullerberger Wasserleitung wurde auch dieses Leitungsnetz
entsprechend zelebriert (»unablässige Fürsorge des Gemeinderathes allüberall«) und
sukzessive erweitert, zudem stellte man – gegen Gebühr – einzelne Hauseinleitungen
her.211
Als 1884 der Entschluss für die Errichtung der »Allgemeinen Wasserleitung« über
eine Finanzierung durch die Stadt gefallen war, stand bereits fest, dass man Wasser
aus dem Hinterland beziehen wollte. Zu dieser Zeit hatten schon zahlreiche Städte
ihre Wasserversorgung überregional gelöst : Wien griff ab den 1860er Jahren auf ein
80 Kilometer, Manchester ab den 1870er Jahren auf ein 100 Kilometer entferntes Ge-
biet zurück.212 Dass man sich in Linz für den Bezug von Grundwasser nahe der Traun
entschied, war Ausdruck einer gewissen Pragmatik : Nach zahlreichen Gutachten war
mittlerweile klar, dass nahegelegene Quellen nicht genügend Wasser führten oder es
bereits andere Nutzer vor Ort gab und dass eine Überleitung aus weiter entfernten
Orten zu große Kosten verursachen würde, wie das Wiener Beispiel eindeutig bewie-
sen hatte.213 Noch während der Planungs- und Begutachtungsphase der »Allgemeinen
Wasserleitung« erreichten den Gemeinderat zahlreiche »Anerbieten von Quellen«, die
meist aus Orten des südlichen Alpenvorlandes kamen. Dass man diese Möglichkei-
ten nicht weiterverfolgte, hatte vermutlich vor allem finanzielle Gründe : Die Quellen
lagen zwischen 15 und 30 Kilometer von Linz entfernt.214 Damit blieb als Wasser-
210 Pichler-Baumgartner, Wege, 128 – 133 ; vgl. den Leitungsplan 1892 : ebd., 132.
211 Ebd., 49f. u. 144 – 148 ; RB 1885, 213 – 215.
212 Brunner/Schneider, Umwelt, 198 ; Schott, Urbanisierung, 217.
213 Für den Bau der Wiener Wasserleitung wurde ein Kredit über 25 Millionen Gulden aufgenommen –
Stadler, Wasserversorgung, 301.
214 RB 1886, 113f.; RB 1884, 100.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364