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genehmigung Anfang 1891 begann die eigentliche Bauphase, die Finanzierung über
einen Kredit bildete nun kein Problem mehr.222 Wenig überraschend bildete die
Fertigstellung der Wasserleitung im Mai 1893 ein Ereignis, das die Stadtverwaltung
entsprechend inszenierte : Regionale Prominenz wurde mit einem »Separatzug« der
Kremstalbahn nach Scharlinz gebracht, um – wie es Bürgermeister Wimhölzl formu-
lierte
– an diesem »Gedenktag« für die Stadt teilzunehmen, denn nun würde »die klare
Flut reinen, kühlen Wassers unsere Stadt von einem Ende bis zum anderen durchströ-
men, allen Bewohnern gleich […] der erfrischende Trunk die Erhaltung der Gesund-
heit und des Lebens«, dazu Brauchwasser und Löschwasser zugänglich gemacht.223
Auch in finanzieller Hinsicht zeichnete die Stadt bereits zwei Jahre später ein überaus
positives Bild : Es sei zwar »mit der Wasserleitung kein Geschäft gemacht« worden,
gleichzeitig habe sich »aber auch finanziell kein Schaden« ergeben, ohnehin »soll […]
die Wasserleitung kein gewinnbringendes Object sein, bedeute es doch schon einen
Gewinn, daß eine Institution allerersten Ranges geschaffen wurde, welche in jeder
Hinsicht entspreche und der Gemeinde zur Ehre gereiche, da sie auf die Wasserleitung
stolz sein könne«.224 Interessanterweise entstand im Linzer Stadtzentrum
– abgesehen
von der 1894 erfolgten Aufstellung eines ehemaligen Hauptplatzbrunnens am Markt-
platz (dem späteren Hessenplatz)225
– kein demonstrativer Repräsentativbrunnen, wie
etwa der als »Wasserkunst-Object« konzipierte »Hochstrahlbrunnen« am Schwarzen-
bergplatz in Wien.226 Vermutlich ist auch dies als Pragmatik und Ausdruck der Spar-
samkeit zu werten, da ein mit gepumptem Grundwasser betriebener Springbrunnen
Energie benötigte und damit laufende Kosten verursachte.
Relevant ist die Frage nach der Zugänglichkeit dieser neuen Infrastruktur, also ob
tatsächlich »allen Bewohnern gleich« – wie der Bürgermeister bei der Eröffnung der
Wasserleitung betont hatte – eine Nutzung ermöglicht wurde. In Wien hatte man
in den 1860er Jahren angekündigt, die neue Wasserversorgung bis »in die äußersten
Asyle der Armuth« zu führen, ex post lässt sich für Wien in sozialer Hinsicht jedoch
keine Gleichverteilung feststellen.227 In Linz gab es
– anders als bei der Kanalisation
–
keine Anschlusspflicht, womit man möglicherweise auf die Kritik der 1870er und
1880er Jahre reagierte, aber dennoch lässt die Entwicklung des Netzes die Intention
einer Vollversorgung erkennen. 1894 hatte man bereits die östliche Peripherie an der
Donau erreicht und bis 1899 ein 55
Kilometer langes Leitungsnetz etabliert, das sogar
einzelne Fabriken in den Vororten versorgte (vgl. Abb. 9). Verfügten 1893 30 Prozent
der Häuser (inkl. der Vororte) über Anschlüsse, waren es 1898 schon 54 Prozent. Ver-
222 Pichler-Baumgartner, Wege, 76 u. 244 ; vgl. zu den verschiedenen Bauabschnitten : Heller, Wasserver-
sorgung, 76 – 79.
223 RB 1892, 307 ; vgl. Heller, Wasserversorgung, 79 – 82.
224 LVB, 6.9.1895 ; vgl. RB 1895, 203f.
225 Kreczi, Linz, 29 ; RB 1895, 205.
226 Stadler, Wasserversorgung, 296.
227 Brunner/Schneider, Umwelt, 198 – 200.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364