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Geographie, Land und Leute
Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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175Von der Senkgrube zur Kanalisation | drastisch  – obgleich sich die Stadtverwaltungen ständig »mit Verbesserungen und Ver- schönerungen« und mit der Versorgung »der Bevölkerung mit Luft, Wasser und Licht« beschäftigen würden, sei dennoch die »verdorbene Luft« in den Städten aufgrund der »Abfälle« aus Gewerbe und Haushalten und der »Ausdünstungen« von Senkgruben und Kanälen omnipräsent.226 In der Choleradiskussion der 1860er Jahre nahm die Frage des städtischen Umgangs mit Fäkalien bereits breiten Raum ein : Im Sommer 1865 brachte die Linzer »Tages- Post« eine Serie von Aufmacherartikeln zur Cholera, die auch mehrere ausführlichere Beiträge zur »Kloakenfrage« inkludierte.227 Darin griff man wesentlich auf die Argu- mentation des Münchner Hygienikers Max v. Pettenkofer und der englischen Assa- nierer zurück : Menschliche und tierische Exkremente würden den Boden und somit die Brunnen verunreinigen, dadurch Typhus und andere Infektionskrankheiten verur- sachen. Es seien menschlich verursachte Epidemien, es liege somit auch »in der Macht des Menschen« und  – hier kann man ergänzen  – in der Verantwortung der Stadtver- waltung, diese zu beseitigen.228 Wenn man täglich 3  Pfund Exkremente pro Einwoh- ner annehme und mit einem Pferdewagen rund 20  Zentner wegbringen könne, dann sehe man  – da die notwendige Zahl der Fuhren nie erreicht werde  –, »wie viel in der Stadt zurückbleibt«.229 Nach der Cholera 1866 erschien ein Zusammenhang zwischen Epidemie und »mangelhafte[r] Desinficirung der Unrathscanäle in Verbindung mit schlechter Beschaffenheit des Trinkwassers« wohl den meisten Stadtbewohner/innen als plausibel.230 Adalbert Stifter teilte diese Ansicht, wie er seiner Frau im Sommer 1866 mitteilte : Die Cholera werde »fast gewiß« durch die »Entleerungen« der Kran- ken übertragen, »durch die Unrathskanäle einer Stadt« und sie würde von dort »in die Lüfte der Straßen und Wohnungen hauchen«.231 1867 diskutierte man im Gemeinderat bereits eine umfangreiche Erweiterung des städtischen Kanalnetzes, wobei aber die Wahrscheinlichkeit einer Finanzierung als »nicht günstig« eingeschätzt wurde.232 Überraschend war das vermutlich nicht : Dass die Kosten hoch und nicht aus dem normalen Budget zu finanzieren sein würden, hatten die Wiener Kanalbauten eindrucksvoll unterstrichen.233 Auf diesen latenten Diskussionsprozess traf im Herbst 1867 eine Aufforderung der Landesregierung, ei- nen Bericht zur »Verwerthung des Kloakeninhalts« in Linz zu verfassen.234 Dabei 226 Allgemeine Bauzeitung 22 (1857), 205. 227 LTP, 15.8.1865 ; ebd., 18.8.1865, ebd., 24.8.1865 ; ebd., 30.8.1865 ; ebd., 1.9.1865 ; vgl. auch : ebd., 9.3.1865. 228 LTP, 18.8.1865 ; ebd., 30.8.1865 ; ebd., 1.9.1865 ; vgl. zu Pettenkofer : Schott, Urbanisierung, 240f. 229 LTP, 1.9.1865. 230 LTP, 6.10.1866. 231 Stifter, PRA, Bd. 21, 273. 232 GRP 1867, fol. 251b u. 252a. 233 Allgemeine Bauzeitung 9 (1844), 140 ; vgl. zu London : Schott, Urbanisierung, 236. 234 GRP 1867, fol. 318a ; vgl. Pichler-Baumgartner, Wege, 40 – 42. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Titel
Transformationen städtischer Umwelt
Untertitel
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Autor
Georg Stöger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
368
Schlagwörter
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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