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Garten und Park |
breiten Diskurs zu städtischen Grünanlagen, in den 1850er Jahren wurden bei der Um-
gestaltung von Paris durch Haussmann zahlreiche Alleen angelegt und Parks an der
Peripherie eingerichtet und zur gleichen Zeit entstand der Central Park in New York,
der für viele nordamerikanische und europäische Städte zum Vorbild wurde.172 Diese
Parks wurden zunehmend als Gegenentwürfe zu einer »düster gezeichneten Stadt«, als
gesundheitsbringende »Lungen der Stadt« verstanden und als ideale Orte für bürgerli-
che Freizeitgestaltung gesehen, die
– mit ihren zahllosen Vorschriften
– auch »Bühnen
des hygienischen Erziehungsprogrammes« wurden.173 Interessanterweise entstand in
Linz ein »Stadtpark« rund ein Jahrzehnt früher als in anderen österreichischen Städten,
was wohl auf die spezifische Genese dieses Grünraumes zurückzuführen ist : Schließ-
lich übernahm die Stadt Linz einen bestehenden Privatpark, sie etablierte keinen neu-
en.174 Die substantiellen Investitionen und Veränderungen, die die Stadt seit dem Kauf
vornahm, deuten darauf hin, dass man den Volksgarten tatsächlich als Linzer »Stadt-
park«, also als Teil der städtischen Infrastruktur wahrnahm.175 Ab den 1860er Jahren
wurde der Volksgarten zu einem zentralen Ort städtischer Repräsentation, an dem
Ausstellungen und die Volksfeste abgehalten wurden ; 1877 erfolgte – aus dem ersten
»Millionendarlehen« der Stadt finanziert – sogar eine Erweiterung, wodurch der Park
auf die heutige Größe von etwas über 3 Hektar anwuchs.176
Nach der Promenade – dem Projekt der Stände und später der Landesregierung –
und dem Volksgarten entstanden erst ab den 1860er Jahren weitere öffentlich zugäng-
liche Grünräume in der Stadt. Möglicherweise lässt sich dies auf die omnipräsente
Nutzung des grünen Um- und Hinterlandes zurückführen (vgl. Kap. 8. Natur der
Städter – Natur für Städter). Die Anlage der Grünflächen bei der Donaulände (nahe
der Dampfschiffstation) und beim Krankenhaus waren deutlich visuell, im Falle des
Krankenhauses auch gesundheitlich (und damit dennoch symbolisch) motiviert.177
Ende der 1860er Jahre wurde durch den neu entstandenen »Verein für Naturkunde
in Oesterreich ob der Enns« ein Botanischer Garten auf stadteigenem Grund in der
Neustadt errichtet.178 Die Initiative dazu ging von einem botanisch interessierten
Beamten aus, der den Garten einerseits als Unterrichtsobjekt für die nahen Schulen,
andererseits – wie die Botanischen Gärten der Frühen Neuzeit – als Teil eines wissen-
schaftlichen Netzwerkes sah.179 Weitere öffentliche Grünanlagen entstanden in den
172 Melosi, America, 37 ; Lees/Hollen Lees, Cities, 191 ; Schott, Urbanisierung, 268f.; Benton-Short/
Short, Cities, 59 – 61.
173 Lenger, Metropolen, 171.
174 Vgl. Hajós, Stadtparks, 18f., 47 – 59 u. 78 – 80 ; Brunner/Schneider, Umwelt, 445f.
175 AStL, HS 212 (Kammeramt Ausgaben 1860), pag. 106f.; AStL, HS 237 (Kammeramt Ausgaben
1870), pag. 128f.
176 RB 1876 – 1878, 59 ; RB 1885, 106 ; Der Oberösterreicher 1884, 180 ; Leonhartsberger, Freizeiträume, 74.
177 RB 1879 – 1880, 26 u. 84.
178 Gelegen im Geviert der heutigen Mozart-, Dinghofer-, Harrach- und Fadingerstraße.
179 Kerschner, Garten, 37 – 46 ; 1777 – 1788 am Froschberg und 1853 – 1871 am Freinberg hatte es bereits
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364