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Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
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271Ferne und nahe Cholera | sich ab dem Frühjahr 1866 aufgrund des Preußisch-Österreichischen Krieges viele Sol- daten in Linz aufhielten und später zahlreiche Verwundete nach Linz kamen,136 brach die Cholera erst im Spätsommer 1866 aus : Ende August war eine Frau, die mit dem Schiff von Wien nach Linz unterwegs gewesen waren, während der Fahrt verstorben. Da man von einem Cholerafall ausging, desinfizierte man das Schiff und ordnete eine Quarantäne an.137 Die obrigkeitsnahe »Linzer Zeitung« trat zu diesem Zeitpunkt eher beschwichtigend auf : Von der Choleraerkrankung und dem Tod des Ennser Bürger- meisters habe man nur aus dem »Wiener Tagblatt« erfahren können, so die Kritik einer anderen Linzer Tageszeitung.138 Auch der Linzer Gemeinderat war Anfang Septem- ber bemüht, »Beängstigung und Aufregung im Publikum« zu vermeiden. Derzeit sei nur allgemeine »Vorsicht« angebracht, anderes sei »vorläufig verfrüht«.139 Wenig später begann die Stadt präventiv mit der Desinfektion »mehrerer öffentlicher Cummunal- Gebäude« und ordnete dies auch für einige Gastbetriebe an.140 Tatsächlich trat die Cholera zwischen September und Ende November 1866 nur auf Donauschiffen und an der südlichen und südöstlichen Peripherie der Stadt auf. Erneut war  – wie schon 1855  – die Ortschaft Kleinmünchen stark betroffen, in der die überwiegende Mehrheit der Choleratoten gewohnt oder gearbeitet hatte.141 Der Ausbruch von 1866 blieb mit ver- mutlich 35 Toten (im Stadtgebiet von Linz) sehr klein,142 in Wien hatte die Cholera  – analog zu 1854/1855  – ca. 3.000 Tote gefordert.143 Ein Linzer Arzt beurteilte Anfang der 1890er Jahre die 1866 gegen die Cholera ergriffenen Maßnahmen als ambivalent : Cordone hätten sich als nutzlos erwiesen, die medizinische Behandlung habe sich auf den Einsatz von »Hausmitteln« beschränkt, nur die »gewissenhafte Handhabe der öf- fentlichen und privaten Gesundheitspflege« und auch die Lebensmittelüberwachung seien effektive Maßnahmen gewesen.144 Die deutlich geringere Anzahl der Todesfälle spricht insgesamt für eine Erhöhung der Resilienz. Über die Korrespondenz von Adalbert Stifter ergibt sich die seltene Möglichkeit, eine Binnenperspektive zum Choleraausbruch von 1866 einzunehmen, die die Wech- selwirkung zwischen privater Ebene und ferner resp. intermediärer (städtischer) Ord- nung zeigt. Zwar kann Stifter nicht unbedingt als repräsentativ für eine allgemeine städtisch-bürgerliche Wahrnehmung gelten, da dessen Gesundheitszustand zu diesem Zeitpunkt schlecht war und er dementsprechend ansteckende Krankheiten panisch 136 Der Oberösterreicher 1884, 181 – 183 ; vgl. LAB, 29.9.1866 u. GRP 1866, fol. 65b ; die Militärpräsenz verringerte sich erst im November 1886 : vgl. Der Oberösterreicher 1885, 193f. 137 LTP, 30.8.1866. 138 LTP, 7.9.1866. 139 GRP 1866, fol. 96b. 140 LAB, 15.9.1866. 141 LAB, 29.9.1866 ; ebd., 23.11.1866 ; ebd., 30.11.1866 ; LZ, 10.5.1867 ; vgl. Stifter, PRA, Bd. 22, 72f. 142 Dies berücksichtigt also die Toten in Kleinmünchen nicht : Schiedermayr, Sanitätsverhältnisse, 8. 143 Brunner/Schneider, Umwelt, 195 ; Birkner, Stadt, 125. 144 Pochmann, Cholerapilz-Maßregeln, 3f. Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Transformationen städtischer Umwelt Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Titel
Transformationen städtischer Umwelt
Untertitel
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Autor
Georg Stöger
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21233-1
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
368
Schlagwörter
Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
Kategorie
Geographie, Land und Leute

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 11
    1. Zugänge : Stadt, Umwelt und Alltag 17
    2. Quellen 27
  2. 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
    1. Naturräume 36
    2. Wetter und Klima 43
    3. Grenzen der Stadt 47
    4. Regierende und Regierte 50
    5. Ausweitungen des Urbanen 68
  3. 3. Wasser 75
    1. Praxis und Logik dezentraler Wasserversorgung 75
    2. Differenzierungen von Wasser 83
    3. Kontinuität, Adaption und neue Bedürfnisse 87
    4. Netzwerklösung 94
  4. 4. Energie und Biomasse 109
    1. Omnipräsenz des Brennholzes 109
    2. Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
    3. Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
    4. Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
    5. Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
    6. Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
  5. 5. Zirkulationen und Output 145
    1. Recycling-Mentalität und Praxis 145
    2. Sekundäre Märkte in der Moderne 154
    3. Abwasser und Fäkalien : Alltägliche Outputs 160
    4. Von der Senkgrube zur Kanalisation 167
    5. Abfall und Emissionen : Moderne Probleme ? 181
  6. 6. Fluviale und aquatische Räume 185
    1. Stadt und Fluss 185
    2. Von der fragilen zur stabilen Brücke 192
    3. Donau-Umbau 196
    4. Das Verschwinden der urbanen Gewässer 202
  7. 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
    1. Unsaubere und saubere Vormoderne 205
    2. Intermediäre Sauberkeit 210
    3. U-Topie Garten und Park 216
    4. Beleuchtung : Urbane Emanzipation von der Natur 226
  8. 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
    1. Irrationale und rationale Natur, untersuchte und gesammelte Natur 232
    2. Naturraum Um- und Hinterland 242
    3. Verschönerung durch Natur 248
  9. 9. Epidemie 253
    1. Die letzte Pest 253
    2. Epidemien und medizinische Infrastruktur : Konnex und Koevolution 257
    3. Ferne und nahe Cholera 263
  10. 10. Versorgungskrise 274
    1. Rekurrente Krisen type ancien 274
    2. Das langsame Auslaufen der Versorgungskrisen 281
  11. 11. Naturgefahr 290
    1. Hochwasser zwischen Alltag und Extremereignis 290
    2. Absenz und Rückkehr des Hochwassers 298
    3. Feuer als kollektives Risiko 304
    4. Feuer als städtisch-bürgerliche Aufgabe 316
  12. 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
    1. Literatur- und Quellenverzeichnis 332
    2. Archivalien und ungedruckte Quellen 332
    3. Datenbanken 333
    4. Periodika 333
    5. Gedruckte Quellen und Literatur 334
    6. Anhang 358
    7. Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
    8. Abbildungsnachweis 359
    9. Währungen und Maßeinheiten 360
    10. Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
    11. Abkürzungen 364
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