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Krisen type ancien |
Mitte Juni 1772 mussten die für Linz bestimmten Schiffszüge wegen eines zu hohen
Wasserstandes temporär einen Halt einlegen, ein Schiffszug erlitt eine Havarie und
verlor Teile seiner Ladung.36 Zudem waren Schiffszüge schon bei normalen Bedin-
gungen rund zwei Monate von Pest bis Linz unterwegs.37 Im August 1772 scheint
sich eine normale Getreideernte abgezeichnet zu haben. Da man einen erneuten Preis-
anstieg befürchtete und das Mühlviertel und das Machland unterversorgt erschienen,
suchten die Landstände um eine Lieferung von 30.000 Metzen staatlichem Getreide
an.38 Im Jänner 1773 wurde zudem, vermutlich aufgrund der günstigen Preisentwick-
lung, ein Liefervertrag mit einem Linzer Gastwirt über 20.000 Metzen Roggen und
3.000 Metzen Gerste abgeschlossen. Als die Transporte aber im Mai Linz erreichten,
waren die Getreidepreise vor Ort niedriger als die Kosten für das Importgetreide, das
dann mit erheblichem Verlust verkauft wurde.39 Damit – und mit der guten Ernte
des Jahres 1773 – war die Knappheit im Linzer Raum offenbar überwunden, die
Ausfuhrbeschränkungen blieben aber bis 1773 resp. 1775.40 Rückblickend waren die
Landstände davon überzeugt, dass die Getreideimporte die Krise abgeschwächt hät-
ten : Ohne diese Intervention wären die Preise möglicherweise auf 8
fl für Weizen bzw.
6 fl für Roggen angestiegen. Die Mengen und der finanzielle Aufwand sind jedenfalls
beeindruckend : 1771/1772 hatten die Landstände insgesamt 19.550 Metzen Weizen
und 84.849 Metzen Roggen für 408.000 fl angekauft, 1773 waren es 25.000 Metzen
Roggen und 5.000 Metzen Gerste für 108.000 fl. Daraus ergab sich, da man das Ge-
treide unter dem Selbstkostenpreis abgegeben hatte (Weizen um 3 fl 45 kr und Rog-
gen um 3
fl 30
kr), ein Verlust von 112.000
fl, dessen Abdeckung über den Verkauf des
noch vorhandenen Getreides und eine Extrasteuer versucht wurde.41
Tab. 33 : Sterbefälle in der Pfarre Linz, 1765 – 1774
Jahr Anzahl pro 1.000 Einwohner
1770 661 33,05
1771 966 48,29
1772 1.211 60,52
1773 701 35,02
Mittelwert 1765 – 1774 39,21
Quelle : Eigene Berechnungen basierend auf Datenbank Sterbefälle
36 Neweklowsky, Getreidetransport, 344 u. 347.
37 LR CIIIG, Reg. 1123 (292).
38 OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 931, G.XXIII.2/No. 58 ; Kumpfmüller, Hungersnot, 61f.
39 Kumpfmüller, Hungersnot, 118 – 120 ; OÖLA, Landschaftsakten, Sch. 931, G.XXIII.2/No. 72 – 75.
40 Kumpfmüller, Hungersnot, 40f.
41 Kumpfmüller, Hungersnot, 120 – 123.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364