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18 Μάρκος ἤδη τοῖς Μαρκομάνοις καὶ Κουάδοις
συνεπλέκετο. ἠξίου δὲ ὁ χρησμὸς δύο λέοντας
ἐμβληθῆναι ζῶντας ἐς τὸν Ἴστρον μετὰ πολλῶν
ἀρωμάτων καὶ θυσιῶν μεγαλοπρεπῶν. […]
γενομένων δέ τούτων ὡς προσέταξεν, τοὺς μὲν
λέοντας διανηξαμένους εἰς τὴν πολεμίαν οἱ βάρ-
βαροι ξύλοις κατειργάσαντο ὣς τινας κύνας ἢ
λύκους ξενικούς· αὐτίκα δὲ τὸ μέγιστον τραῦμα
τοῖς ἡμετέροις ἐγένετο δισμυρίων που σχεδὸν
ἀθρὸον ἀπολομένων. εἶτα ἐπηκολούθησε τὰ
περὶ Ἀκυληΐαν γενόμενα καὶ ἡ παρὰ μικρὸν τῆς
πόλεως ἐκείνης ἅλωσις.
»Of all his bold actions, however, listen to this
account of one, the greatest. Having no small
influence in the palace and at court through the
high reputation of Rutilianus, he published an
oracle at the height of the war in Germany, when
the deified Marcus had already come to grips with
the Marcomanni and Quadi. The oracle recom-
mended that two lions should be cast alive into
the Danube, together with much perfume and
magnificent offerings […].
When all this had been done as he directed, the
lions swam across to enemy territory, and the
barbarians slaughtered them with clubs as if they
were some kind of foreign dogs or wolves. And
straightaway that tremendous disaster happened
to our side, in which 20.000 or thereabouts were
killed at once. Then followed what happened
at Aquileia, and that city’s narrow escape from
capture.«36
Der Zeitpunkt des germanischen Einfalls nach Ita-
lien während der Markomannenkriege wurde von
der althistorischen und archäologischen Forschung
kontrovers diskutiert und je nach Interpretation der
Schriftquellen in Verbindung mit prosopografischen
Kriterien sowie epigrafischen und numismatischen
Quellen37 entweder in das Jahr 167, 168, 169, 170
oder 171 n. Chr. datiert38. Die Forschung geht dabei
davon aus, dass der Einfall entlang der Bernstein-
straße erfolgte39. J. Fitz fasste die bis 1966 vorge-
schlagenen chronologischen Zuordnungen zusam-
men und entschließ sich schließlich für das Jahr
169 n. Chr. als Datum der Invasion40. A. Birley gab
36 Übersetzung: Birley 1968, 215; Vgl. Zwikker 1941, 153 Anm.
10; Böhme 1977, 162 Anm. 32; Rosen 1994, 87 f.
37 Besonders Horte, s. u.
38 Zwikker 1941, 155. 178 – 180; Mócsy 1974, 187; Böhme
1977, 153 f. Anm. 2; Bengtson 1982, 375 Anm. 20; Kehne
2001, 310 f. (167 oder 169 oder 170 n. Chr.); Diskussion:
Ruske 2007, 370; zuletzt: Kehne 2009, 102 f.; Kovács 2009,
181 – 199.
39 Zuletzt: Gassner u. a. 2002, 159.
40 Fitz 1966, 366; Fitz 1968, 44. s. auch Fitz 1966, 336 f., wo
er zu Recht einräumt: »Der Zeitpunkt des Angriffs ist leider
durch keine unmittelbaren Angaben belegt. Aber auch das dagegen nach vergleichbar intensiver Beschäftigung
mit der diffizilen Quellenlage das Jahr 170 n. Chr.
als wahrscheinlichen Zeitraum des Durchbruchs der
Markomannen und Quaden nach Oberitalien an41.
Überlegungen von numismatischer Seite bestätigten
zuletzt seine zeitliche Einordnung. W. Scheidel inter-
pretierte die Münzbilder der Emissionsabfolge unter
Marcus Aurelius in Zusammenhang mit der Überlie-
ferung des Lukianos und sprach sich für eine Datie-
rung der römischen Niederlage und in deren Folge
des Einfalls der Markomannen und Quaden in das
Jahr 170 n. Chr. aus42. G. Alföldy folgte im Wesent-
lichen der von A. Birley vorgezeichneten Chrono-
logie der Markomannenkriege43. Die tatsächliche
Verbindung der von G. Alföldy mit den Markoman-
nenkriegen in Zusammenhang gebrachten archäo-
logischen Befunde wäre allerdings noch zu verifizie-
ren (vgl. Kap. 4. 15). Die Häufung von Münzhorten
mag auch mit der nicht nur aus heutiger historischer
Sichtweise, sondern vielleicht auch aus zeitgenös-
sischer antiker Perspektive allgemein als instabil zu
bewertenden Reichslage (Markomannen, Parther,
Pest) ohne direkte lokale germanische Bedrohung
zusammenhängen. Die Heranziehung von Münz-
horten zur näheren chronologischen Eingrenzung
des Markomannen- und Quadeneinfalls lehnte
bereits A. Birley ab44. Insgesamt weisen vier der
acht von A. Ruske in diesem Zusammenhang als
verwertbar herangezogenen Münzdepots Schluss-
münzen der Jahre 166 und 167 n. Chr. auf45. Ob
es zulässig ist, von dieser Evidenz das Jahr 167 n.
Chr. als terminus post quem für den Germanenein-
fall nach Italien abzuleiten, muss auch angesichts
der von A. Birley geäußerten allgemeinen metho-
dischen Einwände offenbleiben46. Schließlich liegt
auch für den Schatzfund von Regensburg-Kumpf-
mühl ein terminus post quem für 166/167 n. Chr.47
sowie für einen Münzschatz aus Iuvavum-Salzburg
eine Schlussmünze von 167/168 n. Chr. vor (vgl.
Kap. 15)48. K. Rosen fasste den Forschungsstand
bis 1994 erneut zusammen und argumentierte
für eine Datierung der Invasion in das Jahr 167 n.
spärliche Quellenmaterial, das zur Deutung und Klärung der
Ereignisse zur Verfügung steht, ist nicht ohne weiteres da-
tierbar.«
41 Birley 1968, 222; weitere Argumentation: Birley 1987, 250 f.
A. Birleys Argumentation zusammengefasst bei: Kovács
2009, 188 f.
42 Scheidel 1990, 11. 13 – 15. 18; zuletzt: Kerr 1995, 406; dage-
gen: Rosen 1994, 91.
43 Alföldy 1974, 152 – 158.
44 »But one category of evidence must surely be eliminated:
coin hoards.« Birley 1968, 216 Anm. 5; dazu auch: Ruske
2007, 371.
45 Ruske 2007, 357. 372.
46 Ruske 2007, 371. 373.
47 Overbeck 2000, 64 f. 70. 72.
48 Feldinger 2001, 99 Tab.
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321