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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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29 där verbrannter mittelgallischer Terra Sigillata aus Brandschichten darauf, »daß Flavia Solva von den südwärts ziehenden Germanen nicht nur überfallen und geplündert, sondern ausgiebig gebrandschatzt und zerstört wurde«93 (zur methodischen Problema- tik vgl. Kap. 16). S. Groh konnte zeigen, dass die postulierte groß- flächige Zerstörung Flavia Solvas bislang konkret lediglich punktuell in den Insulae XXXI und XLI nachweisbar ist94. Er schließt die Diskussion zur »Frage der Zerstörung von Flavia Solva durch die Markomannen«95 mit der Anmerkung: »Daß diese Zerstörung wirklich mit den Markomannenkriegen in Verbindung steht, ist m. E. wahrscheinlich, sollte aber erst nach dem Vorliegen mehrerer Befunde aus dem Stadtgebiet entschieden werden.«96 Herbert Graßl folgte 1998 noch im Wesentlichen dem von der älteren Forschung gezeichneten Bild der Stadtgeschichte von Flavia Solva-Wagna97. Und schließlich diskutierte E. Hudeczek die Thema- tik 2002 noch einmal kurz, aber wesentlich vorsich- tiger als 25 Jahre zuvor: »Schmid brachte die von ihm festgestellten Zerstörungen mit den Markoman- nenkriegen in Verbindung, eine Annahme, der bis- her allgemein gefolgt wurde.«98 Die von W. Schmid postulierten, aber nicht verifizier- ten Zerstörungen während der Markomannenkriege führten auch zu entsprechenden Interpretationen in anderen Bereichen der archäologischen Forschung. Beispielsweise wurde von einem Ende der Bestat- tungssitte der norisch-pannonischen Hügelgräber während der Markomannenkriege ausgegangen99. Marianne Grubinger (1877  –  1964) sieht bei der Aus- wertung von römerzeitlichen Hügelgräbern in Gers- dorf, Gschmaier und Obgrün in der Oststeiermark deren Ende auch durch den Markomanneneinfall100. Im Rahmen von Arbeiten, die einen Überblick über das Geschehen während der Markomannenkriege bieten sollen, wurde das beschriebene Forschungs- bild in Verbindung mit weiteren Zerstörungsbefun- den, deren Verdichtung häufig als zusätzlicher Beleg herangezogen wird, weiter tradiert, so beispiels- weise auch bei Gerhard Langmann101 oder Jaroslav 93 Hudeczek 1977, 464 f.; vgl. Hudeczek 1988b, 51. 94 Groh 1996, 180. 95 Groh 1996, 179  –  181. 96 Groh 1996, 181. 97 DNP IV (1998) 542 f. s. v. Flavia Solva (H. Graßl): »[…]; Zer- störung durch Einfall von Marcomanni um 170 n. Chr., da- nach Wiederaufbau.« 98 Hudeczek 2002, 209. 99 Alföldy 1974, 154. 100 Grubinger 1953, 99: »[…] ihr Ende ist, wie das so vieler Grä- beranlagen der mittleren Steiermark, wahrscheinlich durch den Einfall der Markomannen bedingt.« 101 Langmann 1995, 21: »An fast allen Grabungsplätzen in Noricum und in Pannonien konnten unmißverständliche Spuren der Kampfhandlungen in Form von Zerstörungsschichten festge- stellt werden.« Tejral102. Schließlich wurde verallgemeinernd und ohne nähere Belege konstatiert: »Archäologisch konnte man Brandschichten aus der Zeit der Mar- komannenkriege in vielen Städten von Noricum und insbesondere von Pannonien feststellen.«103 Von Neil Christie zuletzt im Zusammenhang mit der praetentura Italiae et Alpium geäußerte Überlegun- gen zeigen, wie konkrete Berichte der Schriftquellen (Amm. 29, 6, 1) mit Interpretationen in einen wei- teren Kontext gebracht werden: »[…] they [Marco- manni, Quadi] brushed aside the Roman legions, stampeded into Pannonia and Noricum […] plun- dered the east alpine valleys, and then pushed into Italy, attacking Aquileia and destroying Oderzo-Opi- tergium to the southwest.«104 Abgesehen vom letz- ten Nebensatz ist keines der erwähnten Ereignisse direkt durch Ammianus Marcellinus belegt. Die überlieferten Angaben zu Aquileia und Opitergium- Oderzo vermögen freilich nicht, die weiteren, zwar naheliegenden, aber hypothetischen Interpretatio- nen zu den Ostalpentälern etc. zu verifizieren105. Vereinzelt wurden bezüglich konstruierter verall- gemeinernd vorausgesetzter ursächlicher Verbin- dungen zwischen Brandschichten aus der Zeit der Markomannenkriege und einzelnen kriegerischen Aktionen im Zuge dieser Konflikte Zweifel geäu- ßert106, so bereits 1954 von Rudolf Noll107 oder 1994 von Ekkehard Weber: »Ich muß gerade hier nicht auf die wenigstens früher vielleicht allzugroße Bereitschaft mancher Ausgräber aufmerksam machen, passende Brandhorizonte mit dem Mar- komannensturm in Verbindung zu bringen. Gerade dadurch hat sich die Gefahr von Zirkelschlüssen ergeben, […].«108 Das heißt, je mehr Brandbefunde vorliegen, die etwa in die zweite Hälfte des 2. Jahr- hunderts n. Chr. zu datieren sind und mit einer ein- schlägigen historischen Interpretation verknüpft wurden, desto eher ist die Tendenz zu beobachten, weitere Befunde analog zu deuten. Als Ergebnis liegt schließlich ein Interpretationschema vor, das unter Berufung auf die Dichte an entsprechend interpretierten Befunden von der Forschung als plausibel betrachtet wird (vgl. Kap. 16). 102 Tejral 2001, 317: »Αus den Befunden [Anm.: u. a. jenen in Flavia Solva] geht hervor, daß der große Markomanneneinfall v. a. in O-Noricum […] und W.-Pann. schwere Schäden verur- sacht hatte, […].« 103 Oliva 1979, 122. 104 Christie 1991, 412. 105 Vgl. Böhme 1977, 162: »[…], bedrohten einige der östlichen Alpentäler, wo viele Siedlungen in Flammen aufgingen, […].« 106 Vgl. Pollak 1994, 431. 107 Noll 1954, 46 f. »Der wichtigste Baustoff der Epoche ist das feuergefährliche Holz, welches jederzeit in Brand geraten kann; bei der Entdeckung einer Brandschicht muß man also nicht unbedingt an Kriegsschäden denken.« 108 Weber 1994, 69.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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