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Für die vorliegende Arbeit wurde die Terminologie,
die im Zuge der Periodisierung der Insula XLI von
S. Groh entwickelt worden war115, übernommen.
In diesem Zusammenhang ist auf verschiedene
methodische Details hinzuweisen.
Vom Ausgräber wurde eine Periodisierung in vier
Bauperioden (Bauperiode I–IV) vorgenommen, die
auch anschließende Nutzungszeiträume umfassen.
Die für die vorliegende Arbeit relevante Bauperiode
II inklusive Nutzungsphase endet durch die Brand-
zerstörung (II+). Im Verhältnis zur Bauperiode II
handelt es sich bei der Brandzerstörung II+ um
einen Zeitpunkt. Das Fundmaterial wurde einer-
seits für die Periodisierung zu einer Bauperiode II/
II+ zusammengefasst116, andererseits auch nach
den Bezeichnungen II (Funde aus oder auf den
Böden) und II+ (Funde aus der Brandschicht über
den Böden) differenziert vorgelegt117. Diese Vor-
gehensweise setzt sich auch in der vorliegenden
Arbeit fort.
Der Begriff ›Brandschicht‹ wird in archäologischen
Fachpublikationen und im Feld für verschiedene
Arten von durch die Einwirkung von Feuer bedingte
Bodenverfärbungen verwendet. Die in Zusammen-
hang mit dem vorliegenden Befund gebrauchte Prä-
zisierung ›Brandschuttschicht‹ weist bereits näher
auf die Beschaffenheit des Depositums hin.
Die Problematik des Begriffs Brandschuttschicht
liegt in der implementierten Verknüpfung von
Beschreibung (Schuttschicht) und Interpretation
(Brand)118. Dokumentiert wurde ein Stratum vor-
wiegend rötlicher Färbung, dass u. a. Holzkohle,
sekundär verbrannte Gefäßkeramikfragmente, ver-
ziegelten Hüttenlehm etc. enthält (Befund). Diese
Spuren deuten plausibel auf einen Brand hin (Inter-
pretation).
Unter dem Begriff ›Brandhorizont‹ sind in der vor-
liegenden Publikation großflächige, zusammenhän-
gende Brandspuren, die sich über mehrere Häu-
ser oder zumindest mehrere Räume eines Hauses
erstrecken, zu verstehen.
Ein Begriff wie ›Zerstörungshorizont‹ umfasst auch
andere, nicht durch Brände verursachte Zerstörun-
gen, wie z. B. Erdbebenschäden etc., und kann des-
halb lediglich als unspezifischer Überbegriff verwen-
det werden119.
115 Groh 1996, 13 – 185.
116 Groh 1996, Tafelteil (Bauperiode II/II+), sowie S. 76: dort als
»stratigraphische Einheiten II und II+« bezeichnet. Zu metho-
dischen Überlegungen zur Zusammenfasssung von Funden
aus »Benützungs-, Brand- und Brandschuttschichten« zu ei-
nem »Gesamtensemble« vgl. Schucany 2006, 147. 230.
117 Groh 1996, 62 f. (Haus II). 67 (Haus III). 72 f. (Haus IV). 79 f.
(Haus V).
118 Zur Verwendung der Begriffe ›Brandschicht‹ und ›Zerstö-
rungshorizont‹ und den damit verbundenen methodischen
Schwierigkeiten: Gaisbauer 2006, 186 – 189.
119 Vgl. dazu auch die von E. Deschler-Erb erarbeitete Katego-
risierung bzw. Systematisierung der Terminologie in Zusam- Unter dem Begriff ›Schadensfeuer‹ wird in der vor-
liegenden Publikation ein Feuer im Sinne eines
Unglücksfalles, der ohne böswillige Absicht einge-
treten ist, verstanden. Dagegen wären die Begriffe
›Brandschatzung‹ und ›Brandstiftung‹ auf ein
absichtlich und böswillig herbeigeführtes Feuer zu
beziehen.
Von diesen Brandursachen wäre die Möglichkeit
eines (nicht böswillig) beabsichtigten und kontrol-
lierten Feuers, z. B. zur endgültigen Aufgabe eines
Siedlungsbereiches etc., zu differenzieren. Die
Mengen der festgestellten, zum Zeitpunkt des Bran-
des offenbar intakten Keramikgefäße (vgl. Kap. 7)
und die gegebene Gefahr des Übergreifens, auch
eines kontrollierten Brandes, auf benachbarte Insu-
lae (vgl. Kap. 16) sprechen deutlich gegen eine sol-
che Deutung des Befundes120.
menhang mit Zerstörungshorizonten: Deschler-Erb 2005, 43.
45 Abb. 2.
120 Ähnliche Überlegungen für den militärischen Kontext von
Köln-Alteburg: Fischer 2005, 161.
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321