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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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44 als Kochgeschirr stammen können, dürfen gravie- rende Brandspuren, die auf starke Hitzeeinwirkung zurückzuführen sind, wohl direkt mit einer Feuers- brunst in Zusammenhang gebracht werden. Auch andere Materialgattungen sind von der Feu- ereinwirkung betroffen, wie Münzen mit Brand- spuren, z. B. die ausgeglühte Münze Mü 13 (vgl. Kap. 11.1.3.1)141 oder bräunlich bis schwarz ver- brannte (z. B. Kat. 510  –  511 etc.), oder grau bis weiß kalzinierte Beinartefakte (z. B. Kat. 509. 512. 542  –  543 etc.) zeigen. Dass sich viele Keramikgefäße aus dem Brand- schutt vom Verfasser zu großen Teilen zusam- mensetzen ließen, ist einerseits als Indiz dafür zu werten, dass es sich nicht um sekundär deponier- tes Fundmaterial, sondern tatsächlich um die Inven- tare der vom Feuer betroffenen Häuser handelt, und belegt andererseits, dass der Brand plötzlich und unvorhergesehen ausbrach. Der Fragmentie- rungsgrad der Keramik entspricht nach Kenntnis- stand des Verfassers etwa dem an anderen Gra- bungsstellen und in anderen Kontexten in Flavia Solva-Wagna üblichen Bild142. Die kompletten oder weitgehend ergänzbaren Gefäße sprechen zudem dafür, dass es sich bei dem Großteil der Gefäß- funde um Gegenstände handeln dürfte, die in der Zeit unmittelbar vor dem Brand noch intakt und in Verwendung waren. Inwiefern dies für andere, weni- ger vollständige Gefäße oder Artefakte zutrifft, muss offenbleiben. Grundsätzlich können auch in den Häusern angefallene Scherben, gesammelte oder liegen gebliebene (Produktions-)Abfälle, noch bevor eine Bereinigung oder Entsorgung erfolgen konnte, verbrannt sein. Während also für die weitgehend vollständigen Gefäßkeramiken davon auszugehen ist, dass es sich um Artefakte handelt, die bis zum Zeitpunkt des Brandes in Gebrauch waren, muss für weniger vollständig erhaltene Artefakte auch in Betracht gezogen werden, dass es sich bei diesen um während Periode II/II+ angesammelten Abfall handelt. Vielleicht dürfen wir von dieser Annahme ausgehend auf eine unregelmäßige Abfallentsor- gung am westlichen Stadtrand von Flavia Solva- Wagna schließen. Passscherben stammen stets aus demselben Haus der Insula XLI. Innerhalb eines Hauses stammen Passscherben in der Regel aus zusammengehö- renden Bereichen, die sich über mehrere Qua- dranten (z. B. C3  –  D3 etc.) erstrecken können. Eine sichere Zuordnung dieser Bereiche an einen 141 Groh 1996, 123 (Münzen mit Brandspuren: Mü 10. 13  –  14. 30  –  34. 38). 142 Die empirische Erfahrungsgrundlage des Verfassers speist sich in erster Linie aus den Funden der Insula XL (inkl. Stein- bauphase): Hinker 2006 und jenen der auf Grst.-Nr. 181 (KG Wagna) durchgeführten Notgrabungen (gesamtes Fundmate- rial): Fürnholzer 2010, 154  –  165. einzelnen Raum ist mitunter nicht mehr möglich, da sich Quadranten über mehrere Räume (z. B. G–E) erstrecken können (vgl. Kap. 5). Anpassende oder zumindest sehr wahrscheinlich zu demselben Gefäß gehörende Scherben, die über eine größere Fläche innerhalb eines Hauses streuen, dürfen vielleicht als Beleg einer gewissen Durchmischung der Brandschuttschicht im Zuge von Aufräumarbei- ten etc. bewertet werden. Fragmente des Topfes Kat. 83 stammen beispielsweise von den Flächen der Quadranten E2, E3 und D3, die einen Großteil von Raum E, aber auch Teile der Räume F und G beanspruchen. Wegen der Problematik, die dieses Beispiel vergegenwärtigt, wurde im Rahmen der Erstellung des Katalogs besondere Aufmerksam- keit darauf gelegt, sämtliche Fundumstände von Fundnummern, aus denen Scherben des jeweiligen zusammengesetzten Gefäßes stammen, anzufüh- ren, um eine mögliche Lokalisierung nach Häusern, Hausbereichen und Räumen für das jeweilige Arte- fakt zu ermöglichen und dessen Herkunft im Idealfall auf einen Raum eingrenzen zu können (vgl. Kap. 5). Auf die mengenmäßig ungleiche Verteilung von Fundmaterial aus dem Brandschutt der Häuser II und IV der Insula XLI wurde bereits in Kapitel 5 »Quellenkritik« eingegangen. Gegenüber Haus II weisen auch die Häuser III und V verhältnismäßig deutlich weniger Fundstücke auf. Für Haus III kann in diesem Zusammenhang auf die »über weite Teile nicht vorhandene Brandschuttschicht«143 als mögli- che Erklärung hingewiesen werden. Dieses Modell gilt jedoch nicht für Haus V: »Prinzipiell fällt die große Fundleere im Haus V auf, obwohl auch hier Brandschichten beobachtet werden konnten.«144 Vielleicht ist für Haus V deshalb, wie bereits in Abschnitt 7.1 vorgeschlagen, von einer sorgfältige- ren Entsorgung von Brandschutt auszugehen. Neben dieser ungleichmäßigen Verteilung des vor- handenen Fundmaterials ist besonders das Fehlen spezifischer Funde auffallend. Trotz der Problematik von Schlüssen ex tacendo liegt damit vielleicht ein Hinweis auf nach oder vor dem Brand erfolgte Ein- griffe, etwa das Auflesen oder gezielte Sammeln von verwertbaren Materialien, vor (vgl. Kap. 16). Gerade hinsichtlich der Funde von Abfallstücken und Halb- fabrikaten von Beinartefakten (z. B. Kat. 507 etc.) sowie Gussformen (Kat. 418  –  420) und -tiegeln (Kat. 421  –  423), die für die Einrichtung von bein- und buntmetallverarbeitenden Betrieben sprechen, wären Werkzeuginventare, so etwa größere Zan- gen zur Manipulierung der Gusstiegel oder Massie- rungen von zur Wiederverwertung vorgesehenem Buntmetallbruch, Gusszapfen etc., zu erwarten gewesen. Auch Werkzeuge, die zur Beinverarbei- tung gedient haben könnten, fehlen im vorliegen- 143 Groh 1996, 68. 144 Groh 1996, 80.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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