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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 68 -
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68 Von den Funden, die ausschließlich aus der Grube G21 stammen, weist jedoch das Terra Sigillata- Fragment Kat. 351 (Groh 1996, TS 70) sekundäre Brandspuren auf. Einen deutlichen Hinweis lie- fert schließlich der Topf Kat. 276, an dem stärkere Brandspuren und Deformierungen, die wir plausibel mit dem Brandereignis in Zusammenhang bringen dürfen, nachweisbar sind. Es wäre deshalb davon auszugehen, dass in der Grube G21, die durchaus bereits zu einem Zeitpunkt während Periode II vor dem Brandereignis angelegt worden sein mag, nach dem Brand Brandschutt eingebracht wurde. Da es keine Hinweise dafür gibt, dass die Grube G21 eigens zu diesem Zweck nach dem Brand ange- legt wurde, dürften diese Vorgänge eher zufällig und unsystematisch erfolgt sein. Ferner sprechen die geringen Ausmaße der Grube G21 von ledig- lich etwa 0,6 × 0,5 m eher für eine Installation noch während der Nutzung von Raum E und gegen die systematische Entsorgung von Brandschutt in die- ser Hohlform. Nach der Menge der Scherben, die sowohl aus Grube G21 als auch aus anderen Berei- chen stammen und die jeweils einem Gefäß zuge- wiesen werden können, möchte ich undeutliche Schichtgrenzen zwischen der nutzungszeitlichen Grubenverfüllung und dem Brandschutt als Ursache des Phänomens ausschließen. Die Auffindung zugehöriger Scherben in benachbarten Quadranten und Räumen zeigt, dass die Gefäßreste nicht auf den Bereich des Brandschutts über der Grube oder auf Brandschutt, der in die Grube einplaniert wor- den war, beschränkt sind. Die vom Brand (Periode II+) betroffenen Räume von Haus III (Abb. 3) können nach dem vorhandenen Fundmaterial und Befunden funktional interpretiert werden. Die Halbfabrikate205 Kat. 672  –  673 im Umfeld der Feuerstelle F20 erlauben vielleicht die Deutung des Raumes M als Werkhalle eines beinverarbeitenden Betriebes. Tafelgeschirr aus Terra Sigillata, darun- ter zwei Schüsseln (Kat. 361  –  362) sowie ein Teller (Kat. 637), deuten weitere Nutzungsmöglichkeiten von Raum M an. Die Deponierung eines Schlan- gengefäßes in Grube G27 während Periode II (d. h., dieses Gefäß ist nicht dem Brandschutt zuzurech- nen) wurde als Hinweis auf Kultaktivitäten und ein mögliches Lararium im Eingangsbereich des Hau- ses III betrachtet206. Die Ziegelplattenherde F18 und F19 in den Räumen K und L sprechen dafür, dass es sich um Wohn- räume handelt. Das Webstuhlgewicht Kat. 641207 erlaubt vielleicht, eine entsprechende Nutzung des Raumes L anzunehmen. Das Bleifragment Kat. 650 205 Groh 1996, 67 f. 206 Groh 1996, 68. 131  –  133. 207 Groh 1996, 67. dürfen wir eventuell mit den an der Terra Sigillata- Schüssel Kat. 411 nachgewiesenen Flickbohrungen in Verbindung bringen. Nach Ausweis des Spinnwirtels Kat. 424 ist auch für den benachbarten Raum K mit Textilverarbeitung zu rechnen. Ob nach der Beinnadel Kat. 669 und der Doppelknopffibel Kat. 434 (Groh 1996, FI 14) aus Raum K ein bevorzugter Aufenthalt von Frauen und Mädchen in diesem Gebäudeteil, der vielleicht mit den Aktivitätszonen Wohnen und Textilverar- beitung zudem einer traditionellen Perspektive auf geschlechtliche Rollenbilder in einem antiken Haus- halt entsprechen würde208, zu erschließen ist, kann lediglich zur Diskussion gestellt werden. Haus IV (Abb. 3) weist sechs Räume auf. Raum N (Inventar: Abb. 18) ist nach dem Fundspektrum als Wohnraum anzusprechen. Zwei Firmalampen Kat. 319 und 321 dürften der Beleuchtung des Rau- mes gedient haben. Nach Ausweis des Spinnwirtels Kat. 425 darf auch mit der Verarbeitung von Textilien in Raum N gerechnet werden. Die Feuerstelle F33 könnte sowohl als Herd als auch als Ofen gedient haben, weshalb auch eine Küchenfunktion des Raumes nicht auszuschließen ist209. Tafelgeschirr liegt durch zwei Typvertreter Drag. 37 vor (Kat. 370. 377). In Zusammenhang mit der Interpretation als Küche ist auf die Amphorenfragmente Kat. 326 (Groh 1996, AM 6) und Kat. 625 hinzuweisen, die vielleicht auf eine Vorratshaltung und Nutzung von Olivenöl zu Kochzwecken bezogen werden dürfen (vgl. Kap. 11.1.2.5). Bei der Kniefibel Kat. 436 dürfte es sich nach der weitgehend kompletten Erhaltung entweder um einen Verlustfund oder um ein Schmuckstück han- deln, das zum Zeitpunkt des Brandes in Raum N aufbewahrt wurde. Vielleicht dürfen wir die Fibel genauso wie die Münzen Mü 18, 26, 31, 33 und viel- leicht den Spinnwirtel als persönlichen Besitz eines Individuums betrachten, das Raum N bewohnte oder sich zumindest häufig in diesem Raum aufhielt. Herkömmlichen Deutungsmustern folgend würde der Spinnwirtel auf eine Frau oder ein Mädchen zu beziehen sein. Die Kniefibel spricht nicht zwingend gegen diese Interpretation, da Kniefibeln nicht nur als Mantelfibeln von Männern an der Schulter, son- dern auch von Frauen als Schmuck vor der Brust getragen wurden210. Falls sich die vier Münzen tat- sächlich im Besitz einer einzigen Person befanden, dürfen wir wohl von einem erwachsenen Individuum ausgehen. Bezüglich der Fundlage der Münzen liegt jedoch keine lokale Konzentration innerhalb von Raum N vor, weshalb eine Aufbewahrung im 208 Deschler-Erb 2012b, 122. 124. 209 Groh 1996, 74. 210 Eine Forschungsarbeit, die sich detailliert diesem Thema wid- men würde, ist nach wie vor ein Desiderat.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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