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aus Pferdebestattungen von Brigetio-Komárno
illustrieren die Verwendung vergleichbarer Durch-
bruchsarbeiten mit Trompetenornamentik als Rie-
menbeschläge des Pferdegeschirrs604. Anhänger
und Riemenverteiler mit vergleichbaren trompeten-
artigen Durchbruchsmustern aus Sárszentmiklós
und Nagytétény unterstreichen weiter eine Funktion
als Bestandteile des Pferdegeschirrs605. Die bri-
tannischen Beispiele für »Trompetenmuster orna-
ments« wurden von L. Laing vorgelegt606.
Zeitlich mit der Periode II/II+ der Insula XLI von
Flavia Solva-Wagna annähernd übereinstimmend
datierte Funde vergleichbarer Beschläge liegen als
Grabbeigaben des ausgehenden 2. Jahr hunderts n.
Chr. aus der Bestattung 1 des Tumulus XXX von
Noviodunum-Isaccea vor607. Weitere Parallelen aus
Carnuntum-Petronell608 und Mušov609 dürfen wohl
auch dieser Zeitspanne zugerechnet werden. Eine
Gürtelgarnitur mit ähnlichen Beschlagelementen
aus Grab VIII/10 von Klosterneuburg ist dem aus-
gehenden 2. bis beginnenden 3. Jahr hundert n.
Chr. zuzuordnen610. Zwei vergleichbare Beschläge
stammen aus dem provinzialrömischen Brand-
grab 6 von Radvaň nad Dunajom-Žitva, für das ein
münzdatierter terminus post quem für 164/165 n.
Chr. vorliegt611. Schließlich sind ähnliche Beschläge
auch in einem weiteren Brandgrab in Romula nach-
gewiesen und durch eine Münzbeigabe in die Zeit
des Antoninus Pius oder danach datierbar612.
Eine Gussform für Riemenendbeschläge mit Trom-
petendekor aus einer um 200 n. Chr. datierten
Buntmetallgießerei in Cetium-St. Pölten wurde von
P. Scherrer mit der Versorgung des Militärs in Ver-
bindung gebracht613. Ein Bleimodell zur Fertigung
von Gussformen für vergleichbare Beschläge oder
Fibeln stammt aus Siscia-Sisak614. Halbfabrikate
von Beschlägen mit trompetenförmigen Durch-
bruchsmustern, die eine Produktion am pannoni-
604 Barkóczi 1946 – 1948, 174 f. Abb. 4 – 5; Taf. 30, 3. 11 – 12; 32,
1 – 3.
605 Palágyi – Nagy 2000, 218 f. Taf. 20, 2 – 3.
606 Laing 2005, 156 – 158 Abb. 5.
607 Simion 1994/1995, 141 Abb. 7 a–c (Silber).
608 Jilek – Stiglitz 1986, 187 Taf. 5, 5 (Ziegelgrab 31/84: As des
Hadrian, Firmalampe: Cresces, Kniefibel, Merkurflasche); Er-
tel u. a. 1999, 137 f. Taf. 25, 7 (Grab 26, 4. Viertel 2. Jh. n.
Chr.); Stiglitz 1997, 134 f. Taf. 17, 150 (Auxiliarkastell, Stein-
kastell II, 4. Viertel 2.–1. Hälfte 3. Jh. n. Chr.).
609 Tejral 1990, 793. 795 Abb. 1; Tejral 1994, 324 Abb. 17, 2. 8;
Tejral 1994a, 44 – 47 Abb. 10, Nr. 7 – 9. 14.
610 Neugebauer – Grünewald 1975, 146 f. 152 f. 157. 163 Abb. 5
Taf. 13 (t.p.q.: Drag. 33, Stempel Sollemnis). Zum Typ Klos-
terneuburg: Fischer 1990, 80; Fischer 2012a, 63 – 66 Abb. 5.
8 a.
611 Hüssen – Rajtár 1994, 220. 229 Abb. 6 (Grab 6, b); Tejral
1994a, 44 – 47 Abb. 10, 15 – 16.
612 Petculescu 1995, 126 – 128 Taf. 2, 1.
613 Scherrer 1991b, 107 f.
614 Koščević 1995, 34 f. Abb. 25 (rechts oben). schen Abschnitt des Donaulimes belegen, liegen
aus Brigetio-Komárno vor615.
Die Gussformen Kat. 419 – 420 (Groh 1996, GF2
und GF3) dienten der Herstellung von Scheibenfi-
beln mit trompetenartigem Durchbruchsmuster, die
dem Typ Jobst 31G zugeordnet werden können
(vgl. Kap. 11.1.3.2, Kat. 439 bzw. Groh 1996, FI Inv.
23.913). Die Gussform Kat. 419 (Groh 1996, GF2)
erlaubt die komplette Rekonstruktion des zu gießen-
den Artefakts. Es handelt sich um ein Ornament,
das aus drei ›Strängen‹ ineinander greifender ver-
doppelter Zierelemente mit jeweils einem trompe-
tenförmig verdickten Ende besteht. Durch die Anord-
nung der im Zentrum verbundenen Zierelemente
ergibt sich ein Durchbruchsmuster, das im äußeren
Bereich drei tropfenförmige und im inneren Bereich
der Scheibe drei ovale Aussparungen aufweist. Ins-
gesamt sind drei Doppeltrompeten zu einem Wir-
belmotiv kombiniert. Die fragmentierte Gussform
Kat. 420 (Groh 1996, GF3) dürfte nach Ausweis des
Fibelhalbfabrikats Groh 1996 FI Inv. 23.913 entspre-
chend zu ergänzen sein. Bei dem erwähnten Fibel-
halbfabrikat Kat. 439 (Groh 1996, FI Inv. 23.913)
handelt es sich um einen Streufund aus dem nörd-
lichen Stadtgebiet von Flavia Solva-Wagna. Das
Halbfabrikat passt exakt in die Gussform Kat. 420
(Groh 1996, GF 3, vgl. Kap. 11.1.3.2)616. Es ist
deshalb davon auszugehen, dass die Fibel Groh
1996 FI Inv. 23.913 zumindest mit einer Gussform
erzeugt wurde, die auf dieselbe (Blei-[?])Patrize wie
jene, mit der die Gussform Kat. 420 (Groh 1996, GF
3) erzeugt wurde, zurückzuführen ist.
Vergleichbare Scheibenfibeln mit Trompetenorna-
mentik in opus interrasile sind in Augusta Raurica-
Augst617, Baden618, Carnuntum619, Crauglio620,
Ellingen621, Grinario-Köngen622, Iuvavum-Salz-
burg623, Lauriacum-Enns624, Poetovio-Ptuj625, Poro-
lissum626, Saalburg627, Udine628, Ušce629, Vindo-
615 Bónis 1986, 303 f. Abb. 2, 3 – 4. 6.
616 Groh 1996, 128.
617 Riha 1979, 88.
618 Ettlinger 1973, 129 Nr. 5 Taf. 15, 4 (Baden, mäßig ähnlich, 2.
Jh. n. Chr.).
619 Patek 1942, Taf. 18, 5 – 6.
620 Buora – Seidel 2008, 204 f. Nr. 849.
621 Zanier 1992, 178 Taf. 15, B 16.
622 Luik 1996, 201 Taf. 41, 15.
623 Heger – Moosleitner 1971, 93 f. Abb. 93 (Silber, ob ein Fund-
zusammenhang mit der im Beitrag erwähnten Brandkatastro-
phe besteht, geht aus dem Fundbericht leider nicht hervor).
624 Jobst 1973, 86 – 88 Textabb. 3, 8 Taf. 17, Abb. 3; Jobst 1975,
212 f. Taf. 48; 72, 342. 344.
625 Patek 1942, Taf. 18, 2 – 4.
626 Cociş 2004, 127 f. 209 Taf. 60, 1558. 1560.
627 Böhme 1972, 43 f. 110 Taf. 29, 1139. 1145.
628 Buora – Seidel 2008, 204 f. Nr. 850.
629 Bojović 1983, 66. 138 f. 173 Taf. 29, 287 (Typ 25, Variante 7).
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Titel
- Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
- Autor
- Christoph Hinker
- Verlag
- Österreichisches Archäologisches Institut
- Ort
- Wien
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-900305-70-3
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 344
- Schlagwörter
- Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Einleitung 9
- 1 Lage 11
- 2 Historischer Kontext 15
- 3 Forschungsgeschichte 23
- 4 Forschungsmeinungen 27
- 5 Quellenkritik 31
- 6 Terminologie 35
- 7 Taphonomie 37
- 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
- 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
- 10 Definition von Aktivitätszonen 57
- 10.1 Exkurs: Grube G21 66
- 10.2 Exkurs: Grube G32 72
- 11 Fundauswertung 77
- 12 Chronologie 153
- 13 Technologie und Werkstätten 157
- 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
- 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
- 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
- 16.1 Holzarchitektur 180
- 16.2 Schadensfeuer 180
- 16.3 Pompeji-Prämisse 180
- 16.4 Militaria 181
- 16.5 Menschliche Skelettreste 182
- 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
- 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
- 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
- 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
- 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
- 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
- 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
- 18 Resümee 195
- 19 Katalog 199
- 20 Tafeln 263
- Tafeln 1 – 43 265
- Fototafeln 1–9 308
- Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
- 21 Anhang 321