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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 146 -
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146 wegen der geringen Dicke von weniger als 0,5 cm ausschließen. Eine Funktion als Möbelbestand- teile ist nicht auszuschließen, mangels Parallelen jedoch auch nicht zu bestätigen. Ein vergleichbares Geweihstäbchen ist am Magdalensberg nachgewie- sen806. Die beiden Fragmente Kat. 576  –  577 dürfen viel- leicht mit einer Erzeugung von Beinkämmen807 oder deren Bestandteilen in Zusammenhang gebracht werden. Zur Produktion dürften Rinderknochen (Rip- pen, Schulterblätter) herangezogen worden sein. Für eine Verwendung als Kammsegment spricht, dass die ›gezahnten‹ Schmalseiten im Fall von Kat. 577 gegenüberliegen, so wie es für zweizeilige Kämme charakteristisch ist. Die Zinken wären jeweils abge- brochen. Die vorgerissene Linie (Kat. 577) oder Rille (Kat. 576) könnte als Orientierungshilfe des Handwerkers die Position der Kammzinken andeu- ten. Dazu ist allerdings zu bemerken, dass beide Artefakte lediglich eine solche Linie oder Rille auf- weisen. Außerdem ist die Rille bei Kat. 576 relativ tief. Vielleicht handelt es sich um Abfallstücke einer Kammproduktion oder es ist vielleicht auch an die Erzeugung von Stäbchen und Leisten vergleichbar Kat. 572  –  573 zu denken. Da die als abgebrochene Kammzinken angesprochenen Partien nicht mit den Dimensionen des vorgeschnittenen Stäbchens am Fragment Kat. 576 übereinstimmen, darf vielleicht an eine ursprünglich nicht beabsichtigte ›sekun- däre Verwertung‹ von Abfallstücken der Kammpro- duktion gedacht werden. Vielleicht waren während des Produktionsprozesses zur Kammerzeugung, konkret des Produktionsschrittes des Aussägens der Zinken, mehrere Zinken abgebrochen, weshalb das Halbfabrikat zur weiteren Verwendung im Rah- men der Herstellung von zweizeiligen Kämmen aus- geschieden wurde. Um das verworfene Halbfabrikat wieder in den Produktionsprozess zur Herstellung eines anderen Endprodukts (wie z. B. der Stäb- chen) eingliedern zu können (vgl. Abb. 36), mussten sämtliche noch intakte Kammzinken abgebrochen oder abgeschnitten werden. Entsprechende Splitter, die diese Rekonstruktion bestätigen würden, fehlen allerdings im vorliegenden Fundmaterial. Zur Herstellung könnten Rippen oder (vielleicht eher) Schulterblätter herangezogen worden sein. Das Beinartefakt Kat. 578 zeigt sorgfältige Bear- beitungsspuren. Die festzustellende polierte Ober- fläche weist darauf hin, dass das Stück bezüglich der Produktionsschritte eher am Ende der Produk- tionskette anzusiedeln ist (vgl. Kap. 13.1.2). Das Artefakt könnte mit der glatt gearbeiteten (Innen-[?]) Seite auf einem entsprechend planen Element, z. B. 806 Gostenčnik 2005, 542 Taf. 69, 7. 807 Vallet 1994, 125 f. Abb. 36. aus Bein oder Holz, befestigt gewesen oder für eine entsprechende Anbringung vorbereitet worden sein. Die wahrscheinliche Außenseite zeigt eine deutli- che Profilierung. Auch bei diesem Artefakt ist keine nähere funktionale Zuweisung als ›Möbelbestand- teil‹ im weitesten Sinne zu treffen. Das Beinartefakt Kat. 579 wird am Fundzettel der entsprechenden FNr. 892030 als möglicher »Fuß einer Puppe« angesprochen. Die Ähnlichkeit mit Fußteilen römerzeitlicher Gliederpuppen ist jedoch eher gering808. Zur Fertigung des Artefakts dürfte der Langknochen eines Rindes verwendet worden sein. Die vermutlich von Rindern stammenden, bearbei- teten Langknochen Kat. 580  –  581 weisen entlang der Querachse Sägespuren auf, die auf die Vorbe- reitung von Langknochen durch Absägen der Epi- physen hinweisen. Die zugesägten Diaphysenstü- cke konnten durch Spaltung entlang der Längsachse zur Nadelproduktion und/oder Gewinnung von Rohlingen wie Kat. 542  –  547 herangezogen oder durch weiteres Zusägen entlang der Querachse zu Scharnierelementen wie möglicherweise Kat. 582 verarbeitet werden (vgl. Kap. 13.1.2). Bei dem zylin- drisch zugesägten Stück Kat. 582 könnte es sich um das Halbfabrikat eines Scharnierelements809 handeln, wie ähnliche Stücke aus Augusta Raurica- Augst810, Escolives-Sainte-Camille811, Lemonum- Poitiers812, Lugdunum-Lyon (?)813, Nida-Frankfurt/ Heddernheim814, Nîmes815, Ovilavis-Wels816, Sir- mium-Sremska Mitrovica817,Trient818 und Wroxe- ter819, die entsprechend gedeutet wurden, nahele- gen820. Das Artefakt wurde aus dem Röhrenknochen (metatarsus) eines Rindes gefertigt. Nach der Klas- sifizierung von Scharnierelementen aus Augusta Raurica-Augst durch S. Deschler-Erb könnte das Artefakt Kat. 582 den sog. »Kurzscharnieren ohne 808 Degen 1997, 15  –  38. 809 Grundlegend zur Konstruktion: Fremersdorf 1940, 321  –  337; Pelletier 1971, 202  –  207; Vallet 1994, 110  –  113 (Sierentz). 810 Deschler-Erb 1998, 182  –  189. 398 f. Taf. 46  –  47. Diese waren aber wahrscheinlich nicht in Augusta Raurica-Augst oder zu- mindest nicht aus Knochen der lokalen Tierhaltung gefertigt worden. Deschler-Erb 1998, 284. 811 Prost 1993, 287 Taf. 6, 72  –  74 (4. Jh. n. Chr.). 812 Bertrand 2008a, 111 Abb. 14 (»Éléments de charnière non perforés«). 813 Béal 1983, 101  –  126 Taf. 22. 814 Obmann 1997, 57  –  60. 219  –  220 Taf. 7  –  8. 815 Béal 1984, 25  –  32 Taf. 4. 816 Gostenčnik – Lang 2010, 211 Abb. 4, O25. 817 Šaranović-Svetek 1981, 169 Taf. 4, 1. 818 Bassi 1995, 47  –  50 Abb. 1, 19. 819 Mould – Webster – Lloyd-Morgan 2000, 127 f. Abb. 4, 24  –  25; 133 Nr. 243. 246. 247. 820 Grundlegend: Fremersdorf 1940, 321  –  337 (Augusta Trever- orum-Trier, Mogontiacum-Mainz, Pompeji, Vindonissa-Win- disch).
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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