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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 147 -
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147 Loch« zuzurechnen sein821. Diese stammen in Augusta Raurica-Augst vorwiegend aus Fundkom- plexen des 1. Jahr hunderts n. Chr.822. Da es sich bei dem aus Flavia Solva-Wagna vorliegenden Artefakt um ein Halbfabrikat handeln dürfte, könnte dessen Deponierung jedoch vor der Bohrung eines Loches erfolgt sein. Für Scharnierelemente aus Bein wurde ein zeitlicher Schwerpunkt während der zweiten Hälfte des 2. Jahr hunderts n. Chr. vor- geschlagen823. Gegen eine zeitliche Eingrenzung auf das 2. Jahr hundert n. Chr. sprechen die Nach- weise in Pompeji824 und Vindonissa-Windisch825. S. Deschler-Erb gibt dagegen eine »Blütezeit« von der zweiten Hälfte des 1. bis in die erste Hälfte des 2. Jahr hunderts n. Chr. an826. Die Konstruktion des Scharniers konnte in Komposittechnik mit Holzele- menten ausgeführt gewesen sein (vgl. Kap. 13)827. Die entlang der Querachse abgesägte Epiphyse Kat. 583 belegt den entsprechenden herkömmli- chen vorbereitenden Produktionsschritt zur Weiter- verarbeitung von Langknochen (vgl. Kap. 13.1.2). Das aus einem Langknochen gefertigte Artefakt Kat. 584 weist deutliche Sägespuren entlang der Querachse auf. Die partielle grünliche Färbung ist auf den Kontakt zu Kupferlegierungen, vermutlich während der Bodenlagerung, zurückzuführen. Eine intentionale Färbung, wie sie für Beinartefakte aus Augusta Raurica-Augst in Betracht gezogen wurde, lässt sich nach diesem singulären Nachweis nicht konstatieren (vgl. Kap. 13.1.2)828. Bemerkenswert ist das aus dem Langknochen eines Rindes gear- beitete Artefakt Kat. 585, das gesägte und geschlif- fene Schmalseiten aufweist. Das Artefakt Kat. 586 wurde ebenfalls aus dem Langknochen eines Rindes gefertigt. Auffallend ist die glatt bearbeitete (Rück-[?])Seite, die vielleicht zur Anbringung auf einem entsprechend planen Element vorgesehen war. Nicht nur Mobiliarver- kleidung, sondern auch eine Verwendung als Griff- platte, z. B. eines Messers, könnte in Betracht zu ziehen sein. Die auf der anderen Seite der Platte verlaufende Rille ist natürlichen Ursprungs und könnte in weiteren, noch auszuarbeitenden Dekor integriert worden sein. Die beiden Schulterblätter von Rindern Kat. 587  – 588 weisen entsprechende Sägespuren entlang der 821 Deschler-Erb 1998, 182. 822 Deschler-Erb 1998, 186. 823 Hupperetz 1991, 20 f. Abb. 4; Obmann 1997, 60. 824 Mastroroberto 2003, 125 Abb. A14  –  A15; Allison 2006, 30. 71 Nr. 249 Taf. 15, 11; 72 Nr. 257 Taf. 17, 2; 167 f. Nr. 1117  –  1118 Taf. 75, 4  –  5; 238 f. Nr 1818 Taf. 111, 6. Monteix 2011, 22 Abb. 11. 825 Fremersdorf 1940, 321. 326 Abb. 6  –  7. 826 Deschler-Erb 1998, 182. 827 Dewald – Eiden 1989, 324 f. Abb. 10. 828 Deschler-Erb 1998, 81 f. Abb. 142 b. Querachse auf. Zur weiteren Verarbeitung dürfte die plane Knochenfläche der scapulae bevorzugt ver- wendet worden sein. Mehrere Artefakte (Kat. 589  –  608) weisen lediglich einfache Sägespuren, die eventuell nachträglich gefeilt wurden, auf. Die Stücke könnten nach ihrer Fragmentierung eher als Abfallstücke anzusprechen sein. Als Rohmaterial wurden vorwiegend Langkno- chen und Schulterblätter von Rindern herangezo- gen. Ähnliche charakteristische Produktionsabfall- stücke wie Kat. 597, die auch von Röhrenknochen von Rindern stammen, konnten aus einer römerzeit- lichen Beinschnitzerei in Vindobona-Wien geborgen werden829. Unter den Tierresten liegt auch der Hornzapfen (Kat. 609) eines Rindes mit Bearbeitungsspuren vor (vgl. Kap. 13.1). Verschiedene Knochen aus Insula XLI weisen Hack- und Schnittspuren auf (Kat. 610  –  622). Hackspuren (z. B. Kat. 615. 617  –  618) deuten den Gebrauch von Fleischerbeilen und Hackmessern (culter [?]) zur Fleischaufbereitung an. Schnittspuren stammen von Messern (Kat. 611). Während Messer im vor- liegenden Fundmaterial nachgewiesen sind (Kat. 442  –  444. 652  –  655), muss offenbleiben, ob die bei- den als Beile beschriebenen Fundstücke (Kat. 657) zur Aufbereitung tierischer Nahrung gedient haben könnten. Diese Spuren sind von den Werkzeugspu- ren, die der Beinverarbeitung zuzurechnen sind, zu differenzieren. Primär dürfte es sich dabei um Spuren der Produktion tierischer Nahrung handeln. Es ist im Einzelfall nicht sicher zu entscheiden, ob diese Spuren von der professionellen Zerlegung der Tiere nach der Schlachtung oder von der Portionie- rung zur Zubereitung in einem Haushalt oder der Gastronomie stammen. Da keine Massierungen von Knochen mit entsprechenden Spuren vorliegen, wie sie für einen Schlachtbetrieb zu erwarten wären, sind die Knochen mit Hack- und Schnittspuren aus Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva- Wagna wohl am wahrscheinlichsten als Küchenab- fälle zu deuten. Dass es sich bei den vorliegenden Tierknochen mit Hack- und Schnittspuren um Überreste der Auf- bereitung tierischer Nahrung handeln dürfte, legt schließlich auch die Zusammensetzung dieser Tier- reste nahe. Eine Betrachtung der Artefakte nach Tierarten und Knochen zeigt ein differenzierteres Bild als jenes, das sich hinsichtlich der Rohmateria- lien, die zur Produktion von Beingegenständen her- angezogen wurden, abzeichnet (vgl. Kap. 11.2.1). Die vorliegenden Röhrenknochen weisen keine eindeutigen Spuren intentioneller Zersplitterung oder vom Zerhacken auf – Techniken, die mit der Gewinnung von Knochenmark verknüpft werden 829 Donat u. a. 2003, 35 Abb. 30 (canabae).
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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