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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 163 -
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163 schritte stammen aus Alexandria968, Augusta Rau- rica-Augst969, Escolives-Sainte-Camille970, Köln971, Lugdunum-Lyon972 und Pergamon973. Das Artefakt Kat. 581 möchte ich als Beleg für den Arbeitsschritt des länglichen Aufspaltens von Röhrenknochen in Flavia Solva-Wagna anführen. Sowohl Produktionsabfälle als auch Halbfabrikate sind bezüglich der Beinobjekte aus Insula XLI anzu- führen. Lediglich für die weitere Produktion vorbe- reitend bearbeitete Knochen, z. B. durch Absägen der Epiphysen, werden als ›Rohlinge‹ bezeichnet. Abfälle, die im Zuge der Produktion anfielen, werden als Produktionsabfälle bezeichnet. Bei den Produk- tionsabfällen ist zwischen Artefakten, die im Zuge der Bearbeitung generell als gleichsam beabsichtig- ter Abfall anfielen (z. B. Kat. 583), und solchen, bei denen es sich um misslungene, z. B. während des Produktionsprozesses zerbrochene Halbfabrikate oder Rohlinge, quasi unbeabsichtigten Abfall (z. B. Kat. 511) handelt, zu differenzieren. Bei verschiede- nen Stücken muss offenbleiben, ob es sich um ein unfertiges Halbfabrikat, ein während der Produktion gebrochenes und deshalb als Produktionsabfall ausgeschiedenes Halbfabrikatfragment oder beab- sichtigten Produktionsabfall handelt. Beabsichtigter Produktionsabfall ist im Rahmen der Beinverarbei- tung in der Regel nicht weiter verwendbar. Unbe- absichtigter Produktionsabfall könnte eventuell im Rahmen einer Umarbeitung wieder in den Produk- tionsprozess eingegliedert worden sein. Vom Pro- duktionsabfall zu differenzieren sind Fragmente, die im Rahmen der Produktion eines Artefakts anfie- len und für die weitere Produktion dieses Artefakts nicht relevant waren, jedoch zur Produktion eines anderen Artefakts herangezogen werden konnten. Vielleicht handelt es sich bei den kleinen, mit einer Nut versehenen Beinfragmenten Kat. 528  –  529 um solche für weitere Herstellungsprozesse vorgese- hene Werkstücke. Das beabsichtigte Ergebnis der Produktionskette wird als Fertigprodukt bezeichnet. Auffallend ist, dass intakte Fertigprodukte im vorlie- genden Fundmaterial fehlen. Dieses Glied der Her- stellungskette fehlt. Da Lagerbestände an Fertigpro- dukten nicht vorliegen, darf vielleicht daran gedacht werden, dass es sich entweder um Herstellung und Verkauf nach Bedarf handelt, oder dass Herstel- lung sowie Lagerung und/oder Verkauf an jeweils separaten Orten erfolgten. Im Zusammenhang mit dem Fehlen von Fertigprodukten ist ein Vergleich mit der Befundlage in Augusta Raurica-Augst von 968 Rodziewicz 1998, 143  –  146 Abb. 12  –  13. 969 Schmid 1972, 44 f. Abb. 7; Deschler-Erb 1998, 95 Abb. 151; 199; 421 Taf. 69. 970 Prost 1993, 275 f. 282 Taf. 1, 24  –  25. 971 Berke 1989, 891 Abb. 15  –  16. 972 Desbat 2010, 71 Abb. 28. 973 von den Driesch – Boessneck 1982, 566 Abb. 4; 568 (»von der Knochenröhre zur Knochennadel«). Interesse, wo Fertigprodukte gegenüber Manufak- turüberresten mit einem Verhältnis von 12 : 1 deut- lich überwiegen974. Die für die Insula XLI von Flavia Solva-Wagna vorliegende Häufung von Abfall und Halbfabrikaten der Beinverarbeitung darf wohl als ein Indiz für die Lokalisierung von Werkstätten im Bereich der Insula XLI, konkret in den Räumen P und Q von Haus IV, bewertet werden (vgl. Kap. 10). Bei einigen Artefakten, z. B. der Beinnadel Kat. 507, ist nicht auszuschließen, dass diese erst nach der Fertigstellung unbrauchbar wurden. Derartige Arte- fakte wären mit dem allgemeineren Begriff Abfall zu bezeichnen; ihr unbeabsichtigtes Zustandekommen wird vorausgesetzt. Ohne in diesem Zusammenhang näher auf die komplexe Thematik möglicher Wiederverwertung oder weiterer Verwendbarkeit von Abfällen oder der ›Zweckentfremdung‹ von intakten oder unbrauch- bar gewordenen Fertigprodukten eingehen zu wol- len, bietet Abbildung 36 einen Überblick über das beschriebene, nach den Kriterien der Absicht und eventuell weiteren Verwendbarkeit orientierte Klas- sifikationssystem von Artefakten, die im Rahmen des Produktionsprozesses von Beingegenständen entstehen können. Mit dem Zerlegen der Tiere durch den Metzger in Zusammenhang zu bringende Hack- und Schnitt- spuren wurden im Klassifikationssystem nicht berücksichtigt, da diese von der Produktionskette eines anderen Handwerks mit anderen Endproduk- ten stammen. Für Abbildung 36 wurden einige der vorliegenden Beinartefakte als Beispiele für die dargestellten Pro- zesse ausgewählt. Bei dem Schulterblatt mit Säge- spur Kat. 588 könnte es sich um einen sog. Rohling handeln. Das mögliche Halbfabrikat eines Schar- nierelements Kat. 582 dient als Beispiel für ein Halbfabrikat. Mangels Fertigprodukten im Fundma- terial wurde vom fragmentierten Artefakt Kat. 507 ausgehend eine Schmucknadel aus Bein rekon- struiert. Das mögliche Grifffragment Kat. 511 wird als Klappmessergriff rekonstruiert wiedergegeben. Die abgesägte Epiphyse Kat. 583 dient als Beispiel für ein Abfallstück, das im Rahmen der Erzeugung eines Rohlings beabsichtigt anfällt und mangels Wiederverwertung im Produktionsprozess ande- rer Beinartefakte vom Herstellungsprozess ausge- schieden wird. Bei dem bearbeiteten Langknochen Kat. 580 könnte es sich um einen Rohling handeln, der unbeabsichtigt während der Weiterverarbeitung gebrochen ist. Die vertikal verlaufende Bruchlinie (die Fragmente wurden von mir zusammengesetzt) ist ein Hinweis dafür. Es ist grundsätzlich nicht aus- zuschließen, dass derartige Fragmente im Rahmen der Herstellung eines anderen Artefakts als des ursprünglich vom Handwerker beabsichtigten wie- 974 Deschler-Erb 1998, 195 f.
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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