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Historische Aufzeichnungen
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Seite - 168 -
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168 In Kapitel 2 »Historischer Kontext« wurde versucht, ereignisgeschichtliche Rahmenbedingungen, die für den untersuchten Zeitraum im Südostalpenraum und speziell für den vorliegenden Befund in Flavia Solva-Wagna relevant sein könnten, darzustellen. Kontrastierend zu dieser weitgehend auf Schrift- quellen basierenden ereignisgeschichtlichen Per- spektive und Rekonstruktion der Ereignisgeschichte soll nun versucht werden, nach den vorgelegten nichtschriftlichen archäologischen Quellen, kul- turgeschichtliche Rahmenbedingungen990 für das Munizipium Flavia Solva-Wagna, insbesondere des- sen westlichen Stadtrand, während des mittleren 2. Jahr hunderts n. Chr. bis zum Zeitpunkt des Bran- des zu skizzieren. Ziel ist weniger eine Gegenüber- stellung, wenn man so will, der ›Spannungsfelder‹ Ereignisgeschichte (Schriftquellen – Geschichts- wissenschaft) und Alltags- oder Kulturgeschichte (Überreste der materiellen Kultur – Archäologie), sondern ist vielmehr, nachzuzeichnen, in welchem kulturgeschichtlichen Kontext historische Ereignisse und ihre vielfältigen Auswirkungen direkt oder indi- rekt wahrgenommen wurden. Die beiden Kapitel zum historischen und kulturhistorischen Kontext geben gleichsam die Rahmenbedingungen vor, innerhalb derer das konkret nachgewiesene Ereig- nis, ein Brand, plausibel abgeleitet aus dem Befund, der den Kern der vorliegenden Fallstudie bildet, erfolgen konnte und von den antiken Zeitgenos- sen erlebt wurde991. Die beschriebene Vorgehens- weise soll dazu beitragen, die angestrebte Diskus- sion über die mögliche Verknüpfung von Daten der Ereignisgeschichte mit archäologischen Befunden im Zusammenhang mit der vorliegenden Fallstudie der Periode II/II+ der Insula XLI von Flavia Solva- Wagna auf einer ausreichend fundierten Basis füh- ren zu können (vgl. Kap. 16). Vorab ist darauf hinzuweisen, dass diese Arbeits- weise der kulturgeschichtlichen Auslegung ein gewisses, den Bereich der positivistischen Fakten- darstellung überschreitendes Maß an Interpretation voraussetzt992 und deshalb nur bedingt einer Kri- tik, die den archäologischen Befund auf die Fakten reduziert, standhält. Es wurde deshalb im vorliegen- den Kapitel versucht, soweit möglich Unsicherheiten der Interpretation offenzulegen und so nachvollzieh- bar zu machen. Dennoch erscheinen besonders in diesem Zusammenhang die Querverweise auf die 990 Zur Auffassung von Kulturgeschichte als theoretischem An- satz zur Rekonstruktion von ›Lebenswelten‹: Hübinger 2000, 165. 991 »Aufgabe der Geschichtswissenschaft ist es, das Allgemei- ne, die Relationen zu bestimmen, in denen Menschen stehen und handeln.« Goertz 1995, 62, 126. 992 Kritik an der Wahrnehmung von Fakten durch den Historiker und Kritik an einem Geschichtsbild, dass auf die Aufzählung von Fakten beschränkt ist: Carr 1963, 12. 16. 22. 29 f. 100 f. eher den Fakten verpflichteten Kapitel zu Befund, Funden und deren Auswertung angebracht. Der vorliegende archäologische Befund erlaubt es, gewisse Überlegungen zu den Bewohnern der Insula XLI während Periode II bis zum Brand um 170 n. Chr. abzuleiten. Nach der Lage der Insula am westlichen Stadtrand und der einfachen, weitestge- hend auf Holz-Fachwerk basierenden Architektur, die keine bis kaum aufwendigere Bauelemente wie Fußboden- und Wandheizungsanlagen oder Zie- geldächer besitzt oder mit Bauschmuck wie Fuß- bodenmosaiken, Stuckdekoration oder Wandma- lerei ausgestattet ist (vgl. Kap. 9), dürfen wir von zweckorientierten Räumlichkeiten, die grundlegen- den Bedürfnissen ihrer Bewohner angepasst waren, ausgehen. Hinsichtlich dieser Bedürfnisse liegen Hinweise vor, dass für die Räume der Insula XLI einerseits mit einem Nebeneinander verschiedener häuslicher Tätigkeiten wie Handwerk, Nahrungszu- bereitung und Wohnen in benachbarten Räumen und Häusern sowie andererseits mit der Kombina- tion dieser Verwendungsmöglichkeiten und einer multifunktionalen Nutzung eines einzelnen Rau- mes zu rechnen ist (vgl. Kap. 10). Bautechnik und -struktur einzelner Häuser der Insula XLI wirken diesbezüglich durchaus einheitlich den jeweiligen Erfordernissen genügend und korrespondieren mit den vermuteten Tätigkeiten. Auffallend ist jedoch der hypokaustierte Raum U in Haus VI im Nordteil der Insula. Betrachtet man die Häuser als Gesamt- ensemble, weicht dieser Bereich deutlich von der Architektur der Insula XLI ab. Ob wir von diesem ausstattungsmäßigen ›Gefälle‹ auf unterschiedliche Personenkreise in diesen Teilen der Insula schlie- ßen dürfen oder lediglich eine unterschiedliche Nut- zung dieser Zonen durch denselben Personenkreis in Betracht zu ziehen haben, ist jedoch nicht zu beantworten. Verschiedene Handwerkstätigkeiten wurden wäh- rend Periode II/II+ auf dem Areal der Insula XLI von Flavia Solva-Wagna ausgeübt. Während für die Bein- und Buntmetallverarbeitung von einem spe- zialisierten Gewerbe auszugehen ist, könnte die Textilverarbeitung eher auf eine Produktion für den Eigenbedarf beschränkt gewesen sein. Beziehen wir grundsätzlich freilich zu hinterfra- gende, aber mangels Alternativen dennoch heran- zuziehende herkömmliche Bilder von Geschlechter- rollen in die Überlegung mit ein, dürfen wir von der Anwesenheit sowohl von Frauen und/oder Mädchen als auch Männern ausgehen. Folgt man diesem Schema, wären die Hinweise auf Textilverarbeitung und der Fund einer Doppelknopffibel mit Personen weiblichen Geschlechts, die Hinweise auf Buntme- tallverarbeitung und der Produktion von Beinarte- fakten eher mit Personen männlichen Geschlechts
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Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
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Titel
Ein Brandhorizont aus der Zeit der Markomannenkriege im südostnorischen Munizipium Flavia Solva
Autor
Christoph Hinker
Verlag
Österreichisches Archäologisches Institut
Ort
Wien
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-ND 3.0
ISBN
978-3-900305-70-3
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
344
Schlagwörter
Flavia Solva, materielle Kultur, Artefakt (Archäologie), Brom, Glimmergruppe, Insula, Magerung, Thüringische Drehscheibenkeramik
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. Einleitung 9
  3. 1 Lage 11
  4. 2 Historischer Kontext 15
    1. 2.1 Die Markomannenkriege und der germanische Einfall in Italien 16
    2. 2.2 Die antoninische Pest 21
  5. 3 Forschungsgeschichte 23
  6. 4 Forschungsmeinungen 27
  7. 5 Quellenkritik 31
  8. 6 Terminologie 35
  9. 7 Taphonomie 37
    1. 7.1 Befunde 38
    2. 7.2 Funde 43
    3. 7.3 Resümee 45
    4. 7.4 Exkurs: ›Pompeji-Prämisse‹ in Flavia Solva? 45
  10. 8 Exkurs: Korrespondierende Befunde im Munizipium Flavia Solva? 49
  11. 9 Die Architektur der Insula XLI (Haus I–VI) 51
  12. 10 Definition von Aktivitätszonen 57
  13. 10.1 Exkurs: Grube G21 66
  14. 10.2 Exkurs: Grube G32 72
  15. 11 Fundauswertung 77
    1. 11.1 Anorganisches Fundmaterial 78
      1. 11.1.1 Glas 78
      2. 11.1.2 Keramik 79
      3. 11.1.3 Metall 120
      4. 11.1.4 Schlacke 130
      5. 11.1.5 Stein 130
    2. 11.2 Organisches Fundmaterial 130
      1. 11.2.1 Archäozoologische Beurteilung der Tierreste 130
      2. 11.2.2 Bein- und Hornartefakte 142
      3. 11.2.3 Archäobotanik 148
  16. 12 Chronologie 153
  17. 13 Technologie und Werkstätten 157
    1. 13.1 Bein- und Hornverarbeitung 159
      1. 13.1.1 Rohstoffe 159
      2. 13.1.2 Produktionskette 160
    2. 13.2 Buntmetallverarbeitung 165
    3. 13.3 Textilproduktion 166
  18. 14 Der Brandhorizont der Insula XLI im urbanen kultur-geschichtlichen Kontext von Flavia Solva 167
  19. 15 Brandzerstörungen aus der Zeit der Markomannenkriege in Noricum, Pannonien und Rätien 171
  20. 16 Diskussion: Ergebnisse und ihr Verhältnis zum historischen Kontext 179
    1. 16.1 Holzarchitektur 180
    2. 16.2 Schadensfeuer 180
    3. 16.3 Pompeji-Prämisse 180
    4. 16.4 Militaria 181
    5. 16.5 Menschliche Skelettreste 182
    6. 16.6 Übrige Funde, speziell Metallfunde 183
    7. 16.7 Bebauungsmuster der Insula XLI nach Periode II/II+ 184
    8. 16.8 Forschungsstand zu Flavia Solva 186
    9. 16.9 Die südostnorische Siedlungslandschaft und das Szenario eines Germaneneinfalls 186
    10. 16.10 Tradierung von Forschungsmeinungen versus kritischer Prüfung 187
    11. 16.11 Fragenkatalog und Synthese 187
  21. 17 Ausblick: Zur Frage der Historizität in der Provinzial- römischen Archäologie 189
  22. 18 Resümee 195
    1. 18.1 Resümee 196
    2. 18.2 Summary 196
  23. 19 Katalog 199
    1. 19.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 1 – 506) 201
      1. 19.1.1 Glas (Kat. 1 – 3) 201
      2. 19.1.2 Keramik (Kat. 4 – 432) 201
      3. 19.1.3 Metall (Kat. 433 – 499) 238
      4. 19.1.4 Schlacke (Kat. 500 – 504) 243
      5. 19.1.5 Stein (Kat. 505 – 506) 243
    2. 19.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 507 – 622) 243
      1. 19.2.1 Bein- und Hornartefakte (Kat. 507 – 623) 243
    3. 19.3 Signifikante Fundstücke ohne Abbildung 252
      1. 19.3.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 624 – 664) 252
      2. 19.3.2 Organisches Fundmaterial (Kat. 665 – 679) 254
    4. 19.4 Fundstücke von geringerer Signifikanz (ohne Abbildung) 255
      1. 19.4.1 Anorganisches Fundmaterial (Kat. 680 – 822) 255
  24. 20 Tafeln 263
  25. Tafeln 1 – 43 265
  26. Fototafeln 1–9 308
  27. Typentafel mit Tabellen 20 und 21 317
  28. 21 Anhang 321
    1. 21.1 Abkürzungen 322
    2. 21.2 Abgekürzte Typenansprache und Zitierwerke 322
    3. 21.3 Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur 323
    4. 21.4 Abbildungsnachweise 341
    5. 21.5 Anschriften der Verfasser 341
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