Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie
Seite - 38 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 38 - in Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie

Bild der Seite - 38 -

Bild der Seite - 38 - in Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie

Text der Seite - 38 -

38 An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin lungnahme antwortete 1616 Valentin Riemer92 in Jena mit einer eigenen Disputation, die in kurzer Zeit zwei Auflagen erlebte, ĂŒber die Möglichkeit der MajestĂ€tsbeleidigung gegen die Kaiserin. Seine Position war ebenfalls, dass, da der Kaiserin keine Gesetzgebungsgewalt zu- komme, ihr auch die Majestas fehle: „Legislationem vero supponere majestatem in politicis & jure tralatitium est“. Daran Ă€nderten seiner Meinung nach die von Melchior Goldast in seiner „Reichssatzung“ angefĂŒhrten, auf Kaiserin Theodoras Betreiben formulierten Gesetze Justinians ebenso wenig, wie die Existenz eines Erzkanzlers93 der Kaiserin, obwohl dieser durch Privileg des Reiches ernannt sei. Trotzdem sei es möglich, jemanden des Crimen laesae Majestatis anzuklagen im Falle einer Beleidigung der Kaiserin, denn ĂŒber sie wĂ€re der Kaiser selbst getroffen, da die Ehefrau ja nach dem Neuen Testament Teil des Mannes sei: „Extra controversiam verĂČ est mariti partem esse uxorem, ut sint una persona“94. Damit waren zwei einander zumindest partiell widersprechende Positionen in der reichspublizistischen Debatte formuliert, die bis ins 18. Jahrhundert immer wieder aufge- nommen werden sollten. Dass der Kaiserin als Frau keine eigenstĂ€ndige Majestas im Sinne der Gesetzgebungsgewalt wie dem Kaiser zukam, blieb unbestritten95. Inwieweit sie aber als Ehefrau an der SouverĂ€nitĂ€t ihres Mannes partizipierte, inwieweit sie selbst Privilegien vergeben konnte, wurde von den einen nach Bodin grundsĂ€tzlich verneint, von den an- deren mit biblischen und/oder historischen Argumenten (wie bei Goldast) zumindest fĂŒr möglich erachtet. Allerdings blieb die Diskussion in der Folge fast immer, wie bei Hoeno- nius und Riemer, auf die Frage der möglichen MajestĂ€tsbeleidigung beschrĂ€nkt. WĂ€hrend dieser Aspekt in Dominicus Arumaeus‘ Werk „Discursus Academici de Iure Publico“ keine Rolle in seinen AusfĂŒhrungen zur Majestas des Kaisers spielte96, Ă€ußerte sich Johannes Limnaeus in seinem fĂŒr lange Zeit maßstabsetzenden Überblick 1632 rela- tiv ausfĂŒhrlich zur reichsrechtlichen Stellung der Kaiserin. Die Bedeutung dieses Werkes fĂŒr die reichspublizistische Debatte um die SouverĂ€nitĂ€t im Heiligen Römischen Reich generell ist mehrfach unterstrichen worden97, war es doch Limnaeus, der eine bei Aru- maeus bereits angedachte Position ausarbeitete, mit der die Bodin‘schen GrundsĂ€tze mit den politisch-herrschaftlichen RealitĂ€ten im Heiligen Römischen Reich verbunden werden konnten: Nach Limnaeus kam „Majestas realis“ der staatlichen Gemeinschaft zu; „Majes- 92 Riemer, Decades Quaestionum, [417–419]. Es handelte sich hier um eine eigene Disputation ĂŒber die Möglichkeit des crimen laesae majestatis gegen die Kaiserin. 93 Zu dessen Existenz und ZustĂ€ndigkeiten siehe unten 53–55. 94 Riemer, Decades Quaestionum [418]. 95 Siehe auch Griesheim, Jurisprudentiae publicae, 116. 96 Gross, Empire, 165–169; Stolleis, Reichspublizistik, 180. Arumaeus geht hier nur auf die Frage der Krönung ein: Bd. 1, 1048f. 97 Hoke, Limnaeus, 46–48, 54, 77f., 81; Gross, Empire 217–220; Stolleis, Reichspublizistik, 179– 181, 221–224; Ottmann, Geschichte des politischen Denkens, 388. https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0 © BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
zurĂŒck zum  Buch Die Kaiserin - Reich, Ritual und Dynastie"
Die Kaiserin Reich, Ritual und Dynastie
Titel
Die Kaiserin
Untertitel
Reich, Ritual und Dynastie
Autor
Katrin Keller
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-21338-3
Abmessungen
17.4 x 24.5 cm
Seiten
430
Schlagwörter
Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Kaiserin und Reich: Einleitung 9
  2. An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
  3. Überblick 22
  4. Wie wird man Kaiserin? 29
  5. Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
  6. Die Majestas-Debatte 36
  7. Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
  8. Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
  9. Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
  10. Die ErzÀmter 53
  11. Das Ius Primariarum Precum 58
  12. Schluss 62
  13. Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der FrĂŒhen Neuzeit 65
  14. Der rituelle Ablauf 68
  15. Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
  16. Der Ablauf der Krönung 71
  17. Ritual und Geschlecht 82
  18. Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
  19. Kaiser und KurfĂŒrsten 87
  20. 1612: Der Neuanfang 103
  21. 1630: Die Verlegenheitslösung 110
  22. 1637: Kaiserin und Königin 114
  23. 1653: Kompetenzen und PrÀzedenzen 122
  24. 1690: Zeremonialkonflikte 133
  25. 1742: Abgesang? 142
  26. Schluss 153
  27. Kaiserinnen in den Medien 157
  28. Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
  29. EigenstÀndige Publikationen 161
  30. Chronikwerke 171
  31. Zeitungen 178
  32. Die Krönung als Medienereignis 181
  33. Medienformen 183
  34. Die Krönungsbeschreibungen 191
  35. Texte und Bilder 200
  36. Die mediale PrÀsenz der Krönungen im Vergleich 225
  37. Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
  38. Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
  39. Schluss 241
  40. Handlungsfelder 245
  41. Kaiserliche ReprÀsentation: Audienzen 248
  42. Audienzen beim Reichstag 1653 252
  43. Audienzen in Wien 254
  44. Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
  45. Audienzen fĂŒr reichsstĂ€ndische Diplomaten 261
  46. Netzwerke: Korrespondenzen 268
  47. Zur Überlieferung 268
  48. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
  49. Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
  50. Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
  51. FĂŒrbitten 279
  52. Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
  53. Die Kaiserin als FĂŒrsprecherin: Beispiele 284
  54. Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
  55. Die BegrĂŒndung der Regentschaft 300
  56. Zum SelbstverstÀndnis der Regentin 304
  57. Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
  58. Schluss 319
  59. Kaiserin und Reich: Schluss 323
  60. Anhang 331
  61. Die Königinnen und Kaiserinnen der FrĂŒhen Neuzeit 331
  62. Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
  63. Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
  64. Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
  65. Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
  66. Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
  67. Tabellenverzeichnis 354
  68. Abbildungsverzeichnis 355
  69. AbkĂŒrzungsverzeichnis 356
  70. Quellenverzeichnis 357
  71. Literaturverzeichnis 367
  72. Gedruckte Quellen und Editionen 367
  73. Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
  74. Literatur 378
  75. Personenregister 410
  76. Ortsregister 427
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Die Kaiserin