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bei ihr vorgesprochen hatten. Dazu gehörten etwa Kurfürst Joseph Clemens von Köln,
Kurfürst Friedrich von Brandenburg, Johann Philipp von Greiffenclau, Bischof von Würz-
burg, und Herzog Johann Georg von Sachsen-Weißenfels, aber auch Kurfürstin Christiane
Eberhardine von Sachsen und Herzogin-Witwe Magdalena Sybille von Württemberg.
Keineswegs alle dieser Audienzen von Kaiserinnen für Gesandte reichsfürstlicher Häu-
ser waren auf Zeremoniell und gute Korrespondenz beschränkt, wobei diese als Elemente
innerreichischer Kommunikationszusammenhänge in keiner Weise zu unterschätzen sind.
So berichtete etwa der schon erwähnte hannoversche Gesandte Huldenberg 1713 nicht nur
von der ungewöhnlich langen Dauer seiner Audienz bei Kaiserin-Witwe Amalie Wilhel-
mine, sondern auch vom Inhalt des Gesprächs81: Sie habe ihm ausführlich über die wenige
Tage vorher geschehene Deklaration zur Erbfolge im Haus Habsburg – heute als Pragma-
tische Sanktion bekannt – berichtet und einen Brief, den sie in dieser Sache an den Kaiser
gerichtet hatte, ebenso ausführlich mit ihm diskutiert.
Im Jahr 1723 reiste Wolf Siegmund von Jaxtheim als Gesandter des Fürsten Albrecht
Ernst II. von Oettingen-Oettingen nach Wien und erhielt dort bereits nach wenigen Tagen
eine Audienz bei Kaiserin Elisabeth Christine, in der er ihr die Wünsche und Interessen
seines Fürsten vortragen konnte82. Dabei ging es um die Regelung der Nachfolge des kin-
derlosen Fürsten, der mit der Mutter der Kaiserin verwandt war. Und 1735 referierte der
braunschweigische Gesandte Ludwig Hans von der Asseburg in einem Bericht ausführ-
lich, welche Positionen Kaiserin Elisabeth Christine in Hinblick auf die Erbfolge im Haus
Braunschweig-Wolfenbüttel in einer Audienz geäußert habe83. Zumindest Gesandte ver-
wandter reichsfürstlicher Häuser konnten somit Zugang zur Kaiserin erlangen, dynastisch-
politische Fragen mit dieser besprechen und auf Unterstützung oder Informationen hoffen.
Es gab also Konstellationen, in denen die Audienz bei einer Kaiserin zum Vortrag konkre-
ter Anliegen genutzt werden konnte, und dies gilt mit Sicherheit auch für einige der Reichs-
fürsten und Reichsfürstinnen, die oben aufgezählt wurden. Die Beweggründe, insbeson-
dere für Reisen von Fürstinnen nach Wien, sind dabei derzeit nicht immer erkennbar, und
bei mancher der genannten Damen wie etwa der oben erwähnten Markgräfin von Baden
handelte es sich schlicht um die Gemahlin eines kaiserlichen Militärs auf der Durchreise.
Aber in mehreren Fällen ist sicher, dass es dynastische Angelegenheiten waren, in denen die
81 NLAH, Cal. Br. 24, Nr. 4339, fol. 36r–37v, 22.04.1713; siehe auch ebenda, Cal. Br. 11, Nr. 1355, fol.
12r/v, 15.09.1703, Amalie Wilhelmine an Georg Ludwig: Die Kaiserin verwies hier ausdrücklich auf
ihre mündliche Erklärung gegenüber dem hannoverschen Gesandten Bodo von Oberg in dessen
Abschiedsaudienz.
82 NLAW, 1 Alt 23 Nr. 388, fol. 42r–45v, 4.05.1723. Huldeberg hatte stets freien Zutritt zur Kaiserin,
siehe Schnath, Geschichte Hannovers, Bd. 3, 408.
83 NLAW, 82 Alt Nr. 7, Bd. 8, fol. 222r–227r, 1735.
https://doi.org/10.7767/ 9783205213383 | CC BY 4.0
© BRILL Österreich GmbH Böhlau Verlag, Zeltgasse 1/6a, A-1080 Wien
Die Kaiserin
Reich, Ritual und Dynastie
- Titel
- Die Kaiserin
- Untertitel
- Reich, Ritual und Dynastie
- Autor
- Katrin Keller
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21338-3
- Abmessungen
- 17.4 x 24.5 cm
- Seiten
- 430
- Schlagwörter
- Heiliges Römisches Reich, Kaiserin, Kulturgeschichte, Geschlechtergeschichte, Krönung
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Kaiserin und Reich: Einleitung 9
- An mulier sit capax imperii? Die Reichspublizistik zur Rolle der Kaiserin 21
- Überblick 22
- Wie wird man Kaiserin? 29
- Inhaltliche Schwerpunkte der Reichspublizistik 36
- Die Majestas-Debatte 36
- Der Rang der Kaiserin: Die Diskussion um die Goldene Bulle 42
- Juribus singularis: Privilegien und Rechte der Kaiserin 47
- Welche Rechte hat die Kaiserin? 48
- Die Erzämter 53
- Das Ius Primariarum Precum 58
- Schluss 62
- Die Krönung der Kaiserin im Heiligen Römischen Reich der Frühen Neuzeit 65
- Der rituelle Ablauf 68
- Traditionen: Die Krönung im Mittelalter 68
- Der Ablauf der Krönung 71
- Ritual und Geschlecht 82
- Die Kaiserinnenkrönung als Inszenierung des Reiches: Konstellationen und Konflikte 86
- Kaiser und Kurfürsten 87
- 1612: Der Neuanfang 103
- 1630: Die Verlegenheitslösung 110
- 1637: Kaiserin und Königin 114
- 1653: Kompetenzen und Präzedenzen 122
- 1690: Zeremonialkonflikte 133
- 1742: Abgesang? 142
- Schluss 153
- Kaiserinnen in den Medien 157
- Kaiserinnen in gedruckten Medien: Ein Überblick 160
- Eigenständige Publikationen 161
- Chronikwerke 171
- Zeitungen 178
- Die Krönung als Medienereignis 181
- Medienformen 183
- Die Krönungsbeschreibungen 191
- Texte und Bilder 200
- Die mediale Präsenz der Krönungen im Vergleich 225
- Die Kaiserin in aller Munde? Die Geburt des Thronfolgers 1716 226
- Lucerna abscondita: Wie gedenkt man einer Kaiserin? 232
- Schluss 241
- Handlungsfelder 245
- Kaiserliche Repräsentation: Audienzen 248
- Audienzen beim Reichstag 1653 252
- Audienzen in Wien 254
- Dauer und Gegenstand von Audienzen 258
- Audienzen für reichsständische Diplomaten 261
- Netzwerke: Korrespondenzen 268
- Zur Überlieferung 268
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (I) 271
- Grußbriefe und Courtoisieschreiben 273
- Jenseits von Korrespondenzen: Patenschaften und Damenorden 277
- Fürbitten 279
- Das Korrespondenzregister Kaiserin Eleonora Magdalenas (II) 279
- Die Kaiserin als Fürsprecherin: Beispiele 284
- Die Regentin: Kaiserin-Witwe Eleonora Magdalena und die Kaiserwahl 1711 297
- Die Begründung der Regentschaft 300
- Zum Selbstverständnis der Regentin 304
- Die Kaiserwahl als Aufgabe 309
- Schluss 319
- Kaiserin und Reich: Schluss 323
- Anhang 331
- Die Königinnen und Kaiserinnen der Frühen Neuzeit 331
- Aufenthalte von Königinnen bzw. Kaiserinnen „im Reich“ (ca. 1550 bis 1745) 332
- Korrespondentinnen und Korrespondenten von Kaiserin Eleonora
- Magdalena im Heiligen Römischen Reich 1697–1705 334
- Verwendete Darstellungen der Reichspublizistik 337
- Ungedruckte und gedruckte Krönungsbeschreibungen 344
- Tabellenverzeichnis 354
- Abbildungsverzeichnis 355
- Abkürzungsverzeichnis 356
- Quellenverzeichnis 357
- Literaturverzeichnis 367
- Gedruckte Quellen und Editionen 367
- Mehrfach zitierte Onlineressoucen 377
- Literatur 378
- Personenregister 410
- Ortsregister 427