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Johannes Choler | 275
darüber schweigen, hat Veith diese Hochzeit in Frage gestellt.1233 Sie dürfte jedoch
keine Erfindung Gassers gewesen sein. Als Hinweis darauf könnten Dokumente aus
dem Bischöflichen Archiv in Chur gewertet werden, die berichten, dass nach Cholers
freiwilligem Ausscheiden aus dem kirchlichen Amt die vakante Stelle des Dom-
propstes in Chur am 5. Juli 1537 mit der Begründung „per liberam resignationem dilecti
filii Iohannis Choler“ nachbesetzt worden sei.1234 Ein langes Leben ist Choler offenbar
nicht mehr beschieden gewesen. Am 21. März 1538 berichtet Sixt Birk in einem Brief
an Bonifaz Amerbach, dass Choler wenige Tage zuvor verstorben sei: „Novarum
rerum quod scribam habeo nihil, nisi quod Colerus, cui a D. Erasmo libros mecum
advexeram, paucis ante diebus fatis concessit.“1235
9.2 Cholers Beschäftigung mit Inschriften
Durch viele kleine, in biographischer Hinsicht relevante Details konnte die Lebens-
geschichte Cholers zumindest in groben Zügen rekonstruiert werden. Rückschlüsse
auf seine epigraphische Tätigkeit sind daraus allerdings nicht möglich. In der erhal-
tenen Korrespondenz mit Erasmus, Nausea und Zuichem wurden zahlreiche The-
men erörtert, nicht aber sein epigraphisches Interesse. Der Hauptgrund liegt wohl
darin, dass es zur damaligen Zeit in gelehrten Kreisen schlicht Usus war, sich für die
Antike mit ihren literarischen Zeugnissen und gegenständlichen Überresten zu
interessieren. Dies galt in besonderem Maße für den Augsburger Humanistenkreis
um Konrad Peutinger, dem unser Geistlicher zweifellos angehört hat. In Hinblick auf
altertumskundliche Studien scheint Peutinger auch für Choler Vorbild gewesen zu
sein: Peutinger selbst nennt ihn in einem Brief an Veit Bild vom 20. März 1524
„clarissimus Ioannes Colerius praepositus Curiensis, ut solet mecum esse rerum antiqua-
rum studiosissimus“.1236
Von Cholers eigenem Nachlass abgesehen stehen sämtliche weiteren Belege über
sein epigraphisches Wirken in Zusammenhang mit der 1534 erschienenen Inschrif-
tensammlung von Apianus und Amantius. So wird er etwa in einem Brief von
1233 Veith, Bibliotheca Augustana IV, 166–167.
1234 Vgl. Allen, Erasmus-Briefe VIII 229.
1235 Vgl. Alfred Hartmann (Hrsg.), Die Amerbachkorrespondenz V (Basel 1958), Nr. 2190. Allen, Eras-
mus-Briefe VIII 229, zitiert denselben Brief nach der Signatur der Originalhandschrift (Basel MS.
G. II. 15, fol. 207), gibt aber als Datum den 21. März 1536 an. Hartmann konnte allerdings nach-
weisen, weshalb „die von Birk deutlich geschriebene Jahreszahl unmöglich richtig sein kann
und in 1538 geändert werden muss“ (Amerbachkorrespondenz V, Nr. 2190, Anm. 5). Überdies er-
hielt Choler nach dem 21. März 1536 noch Briefe von Viglius Zuichemus (datiert mit 31. Juli und
18. Oktober 1536), in denen der Absender auf den Tod des gemeinsamen Freundes Erasmus am
12. Juli 1536 Bezug nimmt. Die Angaben von C. M. Tuor, Domherren in Chur (zitiert bei Allen,
Erasmus-Briefe VIII 229) und König, Peutinger-Briefe 391, Anm. 1 (wohl in Anlehnung an Krick,
Passau 5), wonach Choler im Jahre 1541 verstorben sei, entbehren jeder Grundlage.
1236 König, Peutingerbriefe 390–391 (Nr. 244). Auch Max Hauttmann nennt Choler unter denjenigen, die
„nach Peutingers Vorbild in den ihnen naheliegenden Gebieten zu forschen begannen“; vgl. ders.,
Dürer und der Augsburger Antikenbesitz, in: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 42
(1921) 36.
Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Title
- Der sogenannte Antiquus Austriacus und weitere auctores antiquissimi
- Subtitle
- Zur ältesten Überlieferung römerzeitlicher Inschriften im österreichischen Raum
- Author
- Doris Marth
- Publisher
- Holzhausen Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-902976-43-7
- Size
- 21.4 x 30.2 cm
- Pages
- 572
- Keywords
- Antiquus Austriacus, Austria, Epigraphy, Humanism, Inscriptions, Manuscript Tradition, Roman Period, Antiquus Austriacus, Epigraphik, Humanismus, Inschriften, Österreich, Römerzeit, Überlieferung
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- 1 Zur historischen Entwicklung der Überlieferung lateinischer, insbesondere norischer Inschriften von den Anfängen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts 19
- 1.1 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung lateinischer Inschriften 19
- 1.2 Anfänge und Vorstufen der Überlieferung norischer Inschriften 23
- 1.3 Berchtold von Kremsmünster und die älteste Abschrift einer norischen Inschrift 26
- 1.4 Die Inschrift CIL III 5630 im Codex membraneus LIV des Stiftes Lambach 36
- 2 Neue Impulse aus Italien: Humanismus und Renaissance als „Geburtsphase“ der lateinischen Epigraphik 40
- 3 Die Ausbreitung und Etablierung humanistischen Gedankengutes im Ostalpenraum aus epigraphischer Sicht 56
- 4 Augustinus Prygl Tyfernus und die norischen Inschriften 99
- 5 Der sogenannte Antiquus Austriacus: Mommsens Pseudonym für den Verfasser der ältesten Sammlung norischer Inschriften 139
- 6 Die Wiener Handschrift CVP 3255* 147
- 7 Der Codex Pragensis XIII G 14 der Národní Knihovna, Prag 162
- 7.1 Das Verhältnis zwischen CP XIII G 14 und CVP 3255*: Eine Inschriftensammlung und ihr Register 170
- 7.2 Folgen aus dem Zusammenhang CVP 3255* – CP XIII G 14 174
- 7.3 Johannes Fuchsmagen und der CP XIII G 14 182
- 7.4 Zur Frage nach den Quellen für den CP XIII G 14 198
- 7.5 Codex Pragensis XIII G 14: Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse und Gesamtbetrachtung 221
- 8 Konrad Peutinger und die norischen Inschriften 228
- 8.1 Peutingers handschriftliche Inschriftensammlungen 230
- 8.2 Johannes Fuchsmagen als Peutingers Gewährsmann 244
- 8.3 Die „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ und die Inschriften von Augustinus Prygl Tyfernus in Peutingers 2° Cod. H 24 246
- 8.4 Zusammenfassung: Der Wert von Peutingers Handschriften für die Überlieferung norischer Inschriften 264
- 9 Johannes Choler und seine Inschriftensammlung 265
- 10 Die „Inscriptiones Sacrosanctae Vetustatis“ von Petrus Apianus und Bartholomaeus Amantius 295
- 10.1 Zur Intention und Gliederung des Werkes sowie zur Nennung seiner Quellen 300
- 10.2 Johannes Choler und die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 301
- 10.3 Die Inschriftensammlungen von Konrad Peutinger und Augustinus Prygl Tyfernus – Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis? 302
- 10.4 Johannes Aventinus als Quelle für die Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 304
- 10.5 Der Codex Pragensis XIII G 14 und sein Verhältnis zu den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 305
- 10.5.1 Das Verzeichnis epigraphischer Abkürzungen im CP XIII G 14 und bei Apianus/Amantius 307
- 10.5.2 Der CP XIII G 14 als Quelle für norische (und oberpannonische) Inschriften bei Apianus/Amantius 311
- 10.5.3 Konsequenzen aus dem unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem CP XIII G 14 und den Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 330
- 10.6 Parallel verwendete Quellen und mehrfach überlieferte Inschriften bei Apianus/Amantius 337
- 10.7 Zusammenfassende Betrachtungen zur Arbeitsweise von Apianus/ Amantius und Gesamtbewertung der Inscriptiones sacrosanctae vetustatis 345
- 11 Johannes Fuchsmagen und seine epigraphische Sammeltätigkeit 347
- 12 Anhang: Tabellen zur Überlieferung norischer und oberpannonischer Inschriften 376
- Einleitende Bemerkungen und Hinweise zur Benützung 376
- Tab. 12.1: Inschriften bei Paolo Santonino, Cod. Vat. Lat. 3795 379
- Tab. 12.2: Inschriften, die von Augustinus Tyfernus und vom sogenannten Antiquus Austriacus überliefert werden 380
- Tab. 12.3: Im CVP 3255* und CP XIII G 14 enthaltene Inschriften 386
- Tab. 12.4: Inschriften in den Codices von Augustinus Tyfernus im Vergleich mit dem CP XIII G 14 395
- Tab. 12.5: Inschriften-Erstbelege bei „Antiquus Austriacus“, Augustinus Tyfernus und im CP XIII G 14 415
- Tab. 12.6: Inschriften im 4° Cod. H 26 der SuStBA („Picturae“) im Vergleich mit dem CP XIII G 14 425
- Tab. 12.7: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 23 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 427
- Tab. 12.8: Inschriften in Peutingers 2° Cod. H 24 im Vergleich mit dem CP XIII G 14 428
- Tab. 12.9: Inschriften in Cholers CLM 394 im Vergleich mit Peutingers 2° Cod. H 24 und CP XIII G 14 437
- Tab. 12.10: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit Augustinus Tyfernus und Peutingers 2° Cod. H 24 443
- Tab. 12.11: Inschriften bei Apianus/Amantius im Vergleich mit dem CP XIII G 14 475
- Tab. 12.12: „Antiquus-Austriacus-Inschriften“ bei Peutinger, Choler, CP XIII G 14/Fuchsmagen und Apianus/Amantius 490
- Abkürzungs- und Siglenverzeichnis 503
- Quellen- und Literaturverzeichnis 508
- Abbildungsnachweis 539
- Indices 542
- Inschriftenindex 542
- Orts- und Personenindex 548