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1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption
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biographischer Berührungspunkte und dem Schüler-Lehrer-Verhältnis geson-
dert aufdrängte – die Hanslick-Rezeption kaum ernsthaft erforscht wurde.250
Als Beleg dieser generellen Behauptung sollen hier drei separate Beispiele die-
nen, die auf Hanslicks VMS-Traktat immer wieder pauschal bezogen wurden:
August Halm, Ernst Kurth und Hermann von Helmholtz. Bezüglich Helm-
holtz besteht dabei sogar eine reziproke Beziehung, zumal dieser Hanslicks
Hypothese, die „den falschen Standpunkt überschwänglicher Sentimentalität“
schlagend bekämpfe,251 positiv erwähnt, während Hanslicks VMS-
Traktat die
Einsichten Helmholtz’ in seiner vierten Auflage (1874) als „epochemachende[ ]
Bereicherungen“ berücksichtigt (VMS, S. 118). Neben Steeges „Helmholtz,
Music Theory, and Liberal-Progressive History“, der die genannte Verbindung
nebenbei erforscht, hierbei jedoch disparate Resultate zutage fördert,252 fin-
den sich aber nur flüchtige Angaben des wechselseitigen Lektürevorgangs.253
Dies gilt noch mehr für Hanslicks Bedeutung für das energetische Musikkon-
zept von Halm und Kurth, deren inhaltliche Herleitung aus Hanslicks Argu-
ment zu den dynamischen Musikqualitäten (VMS, S.Â
46f.) allgemein verbreitet
ist. Eine punktuelle historische Betrachtung dieses gängigen Narrativs kann
aber nirgends entdeckt werden, wobei besonders vielsagend scheint, dass eine
250 Theophil Antonicek, Barbara Boisits und Gabriele Eder müssen hierbei speziell erwähnt
werden: Theophil Antonicek, „Musikwissenschaft in Wien zur Zeit Guido Adlers“, in
StMw 37 (1986), S. 165–193; Barbara Boisits, „Ästhetik versus Historie? Eduard Hanslicks
und Guido Adlers Auffassung von Musikwissenschaft im Lichte zeitgenössischer Theori-
enbildung“, in Das Ende der Eindeutigkeit. Zur Frage des Pluralismus in der Moderne und Post-
moderne, hrsg. von Barbara Boisits und Peter Stachel, Wien 2000, S.Â
89–108; Eder, „Hans-
lick und Adler“ (wie Anm. 149); Theophil Antonicek, „Hanslick und Adler – ein
problematisches Verhältnis“, in Musikwissenschaft als Kulturwissenschaft damals und heute.
Internationales Symposion (1998), hrsg. von Theophil Antonicek und Gernot Gruber,
Tutzing 2005, S. 61–68; Gabriele Eder, „Guido Adler und sein Verhältnis zu Eduard
Hanslick“, in Antonicek/Gruber/Landerer, Hanslick zum Gedenken (wie Anm. 10),
S. 85–101; Barbara Boisits, „Historisch/systematisch/ethnologisch: Die (Un-)Ordnung
der musikalischen Wissenschaft gestern und heute“, in Calella/Urbanek, Musikwissen-
schaft (wie Anm. 206), S. 35–55. Vgl.: Volker Kalisch, Entwurf einer Wissenschaft von der
Musik: Guido Adler, Baden-Baden 1988, S. 140–143 und 173f.; Karnes, Challenge of History
(wie Anm. 131).
251 Hermann von Helmholtz, Die Lehre von den Tonempfindungen als physiologische Grundlage für
die Theorie der Musik, Braunschweig 1863, S. 2.
252 Benjamin Steege, „Helmholtz, Music Theory, and Liberal-Progressive History“, in JMT
54/2 (2010), S. 283–310, hier S. 297–299.
253 Siehe hierzu einige Beispiele: Bujić, European Thought (wie Anm. 155), S. 276f.; Blaukopf,
Empiristische Musikforschung (wie Anm. 90), S. 94–99; Schmidt, Schönberg und Mozart (wie
Anm. 247), S. 57–60; Enrico Fubini, Geschichte der Musikästhetik. Von der Antike bis zur
Gegenwart, übers. von Sabina Kienlechner, Stuttgart/Weimar 1997, S. 275; Paddison,
„Music as Ideal“ (wie Anm. 63), S. 336; Titus, „Quest for Form“ (wie Anm. 58), S. 87;
Bonds, Absolute Music (wie Anm. 31), S. 245f.
Re-Reading Hanslick's Aesheticts
Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Title
- Re-Reading Hanslick's Aesheticts
- Subtitle
- Die Rezeption Eduard Hanslicks im englischen Sprachraum und ihre diskursiven Grundlagen
- Author
- Alexander Wilfing
- Publisher
- Hollitzer Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-99012-526-7
- Size
- 16.0 x 24.0 cm
- Pages
- 434
- Keywords
- Eduard Hanslick, Formalismus, Musikästhetik, Musik und Gefühl, Emotionstheorie, analytische Philosophie, New Musicology, Immanuel Kant, Peter Kivy, Stephen Davies, Edmund Gurney, Adam Smith
- Category
- Biographien
Table of contents
- Danksagung 7
- Vorwort und Inhalte 9
- 1. Tendenzen und historische Entwicklung der Hanslick-Forschung 17
- 1.1. Die historische Forschung zu Hanslicks VMS-Traktat 20
- 1.2. Hanslick und die ‚idealistische‘ Philosophie 25
- 1.3. Hanslick und die ‚österreichische‘ Philosophie 35
- 1.4. Die soziokulturelle Kontextualisierung von Hanslicks VMS-Traktat 48
- 1.5. Die bisherige Forschung zur historischen Hanslick-Rezeption 62
- 1.6. Anhang – Hanslicks „tönend bewegte Form[en]“ 75
- 2. These und Exkurs: Hanslick Methodik – Ästhetik versus Kritik 83
- 3. Die historische Entwicklung der anglophonen Hanslick-Rezeption 117
- 3.1. Die erste englische Ãœbersetzung von Hanslicks VMS-Traktat 120
- 3.2. Erste Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Differente Hanslick- Diskurse 125
- 3.3. Die anglophone Musikästhetik im 18. Jahrhundert: Beattie und Smith 136
- 3.4. Zweite Konsequenz aus Poles Ãœbersetzung: Gurneys Power of Sound 146
- 3.5. The Beautiful in Music (1891) und On the Musically Beautiful (1986) 159
- 3.6. Anhang – Hanslick’sche Rezensionen in Dwight’s Journal of Music 176
- 4. Was ist ästhetischer Formalismus? – Definition, Geschichte,Vertreter 179
- 5. Hanslick und die analytische Philosophie: eine produktive Rezeption 253
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis 329
- Quellentexte (Deutsch) 329
- Quellentexte (Englisch) 332
- Forschungsliteratur 333
- Namensindex 423